VERSTEHEN WIR, WAS DIE LEHRE VON "HUMANAE VITAE" SAGEN WILL?
von Martin Deininger
I N H A L T
VERSTEHEN WIR, WAS DIE LEHRE VON
"HUMANAE VITAE" SAGEN WILL?
I. Vorbemerkungen
II. Der größere gesellschaftspolitische Zusammenhang -
der
Antagonismus
1 Die Situation
2 Die Reaktion
3 Die Reaktion auf die Reaktion
3.1 Was die Päpste dazu sagten
3.2 Was die Katholiken dazu sagten
3.2.1 Ehepaare
3.2.2 Bischöfe
III. Rang und Geltung dieser Lehre
IV. Abhilfe
Für kurze Zeit erging sich die Presse in aller Welt wieder einmal in flapsigen Kommentaren zur kirchlichen Lehre über die Geburtenregelung. Auslöser war ein Nebensatz des amtierenden Papstes in einem mit Peter Seewald geführten Interview1, demgemäß der Umstieg eines Prostituierten auf Kondome ein verantwortungsbewusster Schritt sein könne. Mehr brauchte es nicht, um Kommentatoren zur kühnen Annahme eines historischen Abrückens der katholischen Kirche von ihrem "kategorischen Kondomverbot" zu bewegen. Oder witzelten sie bloß?
Eine solche "historische Wende" wird, wer noch selbständig denken kann, nicht beim Lehramt, sondern allenfalls bei Journalisten sehen, die offenbar im Interesse von "Stories" ihren letzten noch vorhandenen Bezug zu dem, was Sache ist, gekappt haben. Zum Glück bemerkten doch einige, dass Seewalds Buch an der katholischen Lehre nichts geändert hat - wie zuletzt Michael Prüller in "Die Presse"2 -, sie bleiben im Gesamt der Wortergreifungen aber eher spärlich.
Was ich im Folgenden an eigenen Beobachtungen zum Thema "Lehramt und Familienplanung" anbiete, möchte zeigen,
dass die darin enthaltene Vision sich nicht auf eine bestimmte Konfession oder Religion beschränkt
dass die überindividuellen Voraussetzungen dieser Lehre zuerst verstanden werden müssen, bevor Ansprüche an die Individualmoral (was ist hier Tugend, was Sünde ...) sinnvoll geltend gemacht werden können
dass jemandes Witzeln erst dann wirklich gut ist, wenn es ihm trotz Einsicht in globale Zusammenhänge nicht vergeht
I. VORBEMERKUNGEN - "VERBOT" TRIFFT'S NICHT WIRKLICH
Verboten hat der "Vatikan" (wer ist das?) Kondome, Pillen oder Ähnliches nie. Kann er ja nicht. Wie soll er Herstellung, Verkauf oder Gebrauch besagter Geräte unterbinden können? Dazu hat er weder Macht noch Befugnis.
Sondern das Lehramt der katholischen Kirche - stimmt, es hat sein Hauptbüro innerhalb der vatikanischen Mauern - stellte im 20. Jahrhundert wiederholt fest, dass kontrazeptive Handlungen in der Ehe deren gottgegebenen Zweck widersprechen und als "in sich böse" (intrinsice malum) durch keine Umstände zu rechtfertigen sind. Eine Feststellung, die es aus Wesen und Natur der Ehe ableitet.
Daraus folgt, dass ...
bezüglich dem, was Menschen gegebenenfalls außerhalb der Ehe mit empfängnisverhütenden Mitteln machen, vom Lehramt nichts gesagt wurde.
Schlussfolgerungen bezüglich konkreten Verhaltens in der Ehe, wie sie sich aus Erkenntnissen aus der Lektüre der betreffenden Lehramtstexte ergeben könnten, von den Ehepartnern selbst zu ziehen sind und nicht vom Lehramt vorgeschrieben werden können. Das Lehramt erfüllt hier die Aufgabe, die Gewissen der Ehepartner zu informieren, nicht aber, ihnen durch Vorschriften Gewissensentscheidungen abzunehmen. Eine Vorschrift oder ein Verbot wäre hier insofern fehl am Platz, als der schutzwürdige Wert, an dem das Gewissen der Ehepartner sich hier zu orientieren hat (und das Lehramt sich zu orientieren versucht hat), die eheliche Beziehung ist - und nicht der Gehorsam gegenüber einer Autorität. Mit anderen Worten: Die Gültigkeit der Lehramtsaussagen bzgl. Empfängnisverhütung in der Ehe ergibt sich aus der Sache selbst und nicht aus der Position des Sprechers.
Als ich vor 24 Jahren in Rom am "Pontificio Ateneo della Santa Croce" katholische Theologie zu studieren begann, war mir bald klar, dass das Institut den Studienerfolg intern danach bewertete, ob ein/e Student/in die Lehre Papst Pauls VI. zur Empfängnisverhütung akzeptierte oder nicht. Mir machte das keine Probleme, denn diese Lehre schien mir logisch und nachvollziehbar, und ich schätze sie bis heute. Ich meine nach wie vor, dass es sich auszahlt, diese Position des katholischen Lehramts zu studieren, weil mir bislang keine bessere diesbezügliche Orientierung bekannt geworden ist.
Der Nebensatz in dem genannten
Interview mit Herrn Seewald ist ganz und gar nicht sensationell. Längst lehren
Theologen
den erlaubten Einsatz von Kontrazeptiva in vielen denkbaren
Situationen, nicht
nur in dem vom Papst nebensätzlich angedachten Fall.
Zum Beispiel bemerkten auch meine - höchst papsttreuen - römischen
Theologieprofessoren, dass
eine Frau sich präventiv kontrazeptiv schützen darf, wenn sie in einer
Umgebung lebt, in der beispielsweise Vergewaltigung zu befürchten ist, und dass
das auch in der Ehe gilt. Denn Vergewaltigung in der Ehe ist kein
ehelicher Akt
und fällt daher nicht unter das, was das Lehramt über
"Empfängnisverhütung in der Ehe" sagt.
Und der österreichische Familienbischof Klaus Küng äußerte sich
unlängst dahingehend, dass Mittel, die
der gesundheitlichen Integrität wegen eingesetzt werden und als nicht direkt
beabsichtigte Nebenwirkung die Empfängnis verhindern -
beispielsweise ein
Kondom in einer Ehe, bei der ein Partner HIV-positiv ist -, erlaubt sein können.
Befindet sich unter all den hier gemeinten Situationen auch die eine, von
der die kirchliche Lehre über Empfängnisregelung spricht? Nein, tut sie
nicht, genau. "Intrinsice malum" bleibt nach wie vor nur die
direkte Unfruchtbarmachung
des ehelichen Aktes,
alles andere muss anders beurteilt werden.
Nicht zum ersten
Mal haben Journalisten den Zusammenhang missachtet, in dem ein Wort - hier eben "Kondom" - fällt,
im Interesse ihrer "Stories".
II. DER GRÖSSERE GESELLSCHAFTSPOLITISCHE ZUSAMMENHANG - DER ANTAGONISMUS
Es ist wohl nicht zu forsch zu behaupten, dass jede Lehre situiert ist - auch die kirchliche Lehre zur Empfängnisregelung. Situiertsein heißt Eingebettetsein in ein historisches (auch geistesgeschichtliches), geographisches, gesellschaftliches, wirtschaftliches Miteinander.
Der Versuch einer Ortsbestimmung dieser Lehre koinzidierte bei mir mit einem jahrezehntelang beobachteten gesellschaftlichen Antagonismus, den das Folgende darstellen will. Die Stimmigkeit dieser Koinzidenz möge jeder bitte selbst beurteilen. Für mich laufen jedenfalls die großen Parameter meiner Weltanschauung in dieser Lehre zusammen. Insbesondere betrifft das die Grundlagen von Gesellschaftspolitik, Demografie, Wissenschaft und menschlicher Reife.
Die päpstliche Lehre zur Empfängnisregelung wird niemand auf Dauer nur als
pedantische Einforderung einer kleinlichen konfessionellen Regel, die der Papst ändern
könnte, wenn er wollte, sehen können. Dass manche Kritiker, auch
Theologen, genau das zu wollen scheinen, wundert mich ziemlich (obwohl es mich
vielleicht gar nicht wundern sollte). An
anderer Stelle habe ich dargelegt, dass diese Lehre das
Naturrecht auslegt. Selbiges
ist, anders als positives Recht, jeder Manipulation entzogen.
Niemand kann es
ändern, auch der Papst nicht.
Eine Voraussetzung für das Verständnis dieser Lehre ist die
Anerkennung
der menschlichen Würde. Die dreidimensionale Betrachtungsebene wird dem
Menschen einfach nicht gerecht, die vierdimensionale auch nicht. Fünf
Dimensionen sind gerade einmal die Mindestweite einer
menschenwürdigen
Existenz, und es gibt noch mehr. Verzeihung für meinen epistemologischen Ausflug
in die Welt der
Dimensionen - ich weiß, dieses Wort kommt
in der Bibel nicht explizit vor. Aber irgendwie muss ich einfach meinen
Verdacht formulieren, dass Theologen, die diese Lehre für veränderbar
erklären, den Menschen
nicht ganz für voll nehmen.
Die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert bescherte der Menschheit einen Sprung nach vorne im Verständnis der Fortpflanzungsbiologie. Verantwortlich dafür war eine 1860 gemachte Entdeckung des Augustinerpaters Gregor Mendel, die etwa ab 1902 akademische Akzeptanz erlangte. Ich beziehe mich hier auf jenen Aspekt der nach ihm benannten Vererbungsregeln, demgemäß sich der Beitrag zur Entstehung neuen Lebens zu je 50% auf beide Eltern aufteilt. Männlicher wie weiblicher Elternteil liefern je einen haploiden Chromosomensatz (Samen- bzw. Eizelle), der in der weiblichen Eizelle beim Vorgang der Befruchtung mit dem anderen zu einem diploiden Chromosomensatz eines neuen Lebewesens verschmilzt und dessen totopotente Erstzelle bildet. Damit war erstmals in der Geschichte die Gleichwertigkeit von Mann und Frau bei der Weitergabe des Lebens sowohl empirisch als auch logisch nachvollziehbar geworden - und die Zeiten, in denen man den Mann als Allein- oder Hauptursache der Fortpflanzung ansah, waren vorbei.
Der weibliche Zyklus wurde nun neu studiert, womit ein so noch nie da gewesenes Bild von der Biologie der Fruchtbarkeit und der Planung von Nachkommenschaft jedermann/-frau vermittelt werden konnte. Ein Ehepaar konnte damit nicht nur Zeitpunkt und Zahl der Kinder, sondern auch deren Qualität und sogar Geschlecht beeinflussen.
Der Baum des Lebens war in greifbare Nähe gerückt ...
"Seht, der Mensch ist geworden wie wir; er erkennt Gut und Böse. Dass er jetzt nicht die Hand ausstreckt, auch vom Baum des Lebens nimmt, davon isst und ewig lebt!"
(Gen 3:22)
... ließ nicht auf sich warten. Mit diesem Wissen und einem reifen Bewusstsein drohte die Menschheit aus dem Ruder zu laufen. Die phantastischen Möglichkeiten quantitativen und qualitativen Wachstums der Menschheit erregten in bestimmten Kreisen Besorgnis.
... die Söhne Israels waren fruchtbar, sodass das Land von ihnen
wimmelte.
Sie vermehrten sich und wurden überaus stark; sie bevölkerten das Land.
...
"Seht nur, das Volk der Israeliten ist größer und stärker als wir.
...
Wenn ein Krieg ausbricht, können sie sich unseren Feinden anschließen, gegen
uns kämpfen und sich des Landes bemächtigen."
... Je mehr man sie aber
unter Druck hielt, umso stärker vermehrten sie sich und breiteten sie sich aus,
sodass die Ägypter vor ihnen das Grauen packte.
... "Wenn ihr den Hebräerinnen Geburtshilfe leistet, dann achtet auf das
Geschlecht! Ist es ein
Knabe, so lasst ihn sterben! Ist es ein Mädchen, dann kann es am Leben
bleiben."
... "Bei den hebräischen Frauen ist es nicht wie bei den
Ägypterinnen, sondern wie bei den Tieren: Wenn die Hebamme zu ihnen kommt,
haben sie schon geboren."
... das Volk aber vermehrte sich weiter und wurde
sehr stark.
... "Alle Knaben, die den Hebräern geboren werden, werft in
den Nil! Die Mädchen dürft ihr alle am Leben lassen."
(2. Moses 1:7-22)
Der Vergleich unserer heutigen Situation mit der Israels in
Ägypten hinkt meines Erachtens nicht.
Damals
wie heute sann man auf Methoden zur Vitalitätseinschränkung.
Offen menschenrechtswidrige Methoden sind in modernen
Demokratien nicht durchsetzbar3, also
wendete man Tricks an, damit die Kälber selber nach Strick und
Schlächter rufen4.
Direkte Nachkommenschaftsverhinderung sind Abtreibung5 und
Empfängnisverhütung.
Ab 1970 wurde die Abtreibung in den meisten Ländern straffrei erklärt, in
Österreich 1975. Was nicht heißt, dass es vorher keine Abtreibungen
gab. Da es in Österreich - neben Luxemburg
und Portugal - keine ärztliche Meldepflicht von
Schwangerschaftsabbrüchen
geben darf (die Ärzte wären schon dafür, aber die Politik ist dagegen), kann man
nur schätzen, dass in Österreich 30-55% aller
Kinder abgetrieben werden.
Hormonelle Verhütungsmittel - Pille, Spirale, Diaphragma
- propagieren Ärzte flächendeckend mit ziemlicher Insistenz bei ihren
Patientinnen
(die
sich dem nur bei entsprechend starker Eigenüberzeugung entziehen können)
und verschweigen dabei geflissentlich deren nidationshemmende - also
frühabtreibende - Wirkung.
An nicht-hormoneller Empfängnisverhütung empfehlen Ärzte Ei-
bzw. Samenleiterdurchtrennung (Vasektomie).
Das Kondom hingegen wird eher von
der Politik als von Ärzten propagiert - es handelt sich dabei ja auch nicht um einen
medizinischen Eingriff.
An indirekter Nachkommenschaftsverhinderung wurden in letzter Zeit auch Impfungen6 und organisierter Mord7 bekannt.
3. DIE REAKTION AUF DIE REAKTION
3.1 WAS DIE PÄPSTE DAZU SAGTEN
Pius XI. (1922-1939, Achille Ratti) schrieb 1930 zum ersten Mal in der Geschichte eine Enzyklika8 zu diesem Thema ("Casti connubii"), das damit einmal mehr zur "Chefsache" wurde.
Pius XII. (1939-1958, Eugenio Pacelli) hielt viele Ansprachen dazu, ohne etwas zu schreiben.
Johannes XXIII. (1958-1963, Angelo Giuseppe Roncalli) berief das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) ein, das sich auch zur Geburtenregelung äußern wollte. Die Konzilsväter konnten sich diesbezüglich nicht auf eine Linie einigen, weswegen das Konzil eine Studienkommission einsetzen ließ und eine verbindliche Äußerung auf später verschob:
Wo es sich um den Ausgleich zwischen ehelicher Liebe und
verantwortlicher Weitergabe des Lebens handelt, hängt die
sittliche Qualität der Handlungsweise
nicht allein von der guten Absicht und Bewertung der Motive ab,
sondern auch von objektiven Kriterien, die sich aus dem Wesen der
menschlichen Person und ihrer
Akte ergeben und die sowohl den vollen Sinn gegenseitiger Hingabe als auch den
einer wirklich humanen Zeugung in wirklicher Liebe wahren. Das ist nicht
möglich ohne aufrichtigen Willen zur Übung der Tugend ehelicher
Keuschheit.
Von diesen Prinzipien her ist es den Kindern der Kirche nicht erlaubt, in der
Geburtenregelung Wege zu beschreiten, die das Lehramt in Auslegung des
göttlichen Gesetzes verwirft (14).
Anm. 14: ... Bestimmte Fragen, die noch anderer sorgfältiger
Untersuchungen bedürfen, sind auf Anordnung des Heiligen Vaters der
Kommission für das Studium des Bevölkerungswachstums, der
Familie und der Geburtenhäufigkeit übergeben worden, damit,
nachdem diese Kommission ihre Aufgabe erfüllt hat,
der Papst eine Entscheidung treffe. Bei diesem Stand der Doktrin des
Lehramtes beabsichtigt das Konzil nicht, konkrete Lösungen
unmittelbar vorzulegen.
(Pastoralkonstitution "Gaudium et Spes" über die Kirche in der Welt von heute, Nr. 51)
Paul VI. (1963-1978, Giovanni Battista Montini) ließ das Thema programmgemäß studieren. Eine Theologengruppe um Karol Wojtyła, Erzbischof von Krakau und späterer Papst, unterstützte ihn dabei9 im Sinne seiner späteren Entscheidung. Die Mehrheit der Kommissionsmitglieder war jedoch - wie sich allmählich herausstellte - gegen diese Lehre. Der Papst entschied sich dennoch für eine Lehrkontinuität mit Pius XI., wie sie auch die polnische Theologengruppe vertrat, und versandte ein diesbezügliches Dokument geheim an alle Bischöfe der Welt mit der Bitte um Stellungnahmen. In ihren Rückantworten lehnten die Bischöfe die Entscheidung des Papstes mehrheitlich ab. Paul VI. promulgierte sie dennoch in seiner Enzyklika "Humanae vitae" (1968), abgekürzt HV.
Johannes Paul I. (1978, Albino Luciani) war nur 33 Tage im Amt und sagte als Papst nichts dazu.
Aus einigen seiner früher als Bischof von Vittorio Veneto und später als
Patriarch von Venedig getätigten Äußerungen kann
man schließen, dass er auf eine Ausnahmen zulassende Regelung gehofft hatte, HV nach
ihrem Erscheinen jedoch vorbehaltlos akzeptierte10.
Johannes Paul II. (1978-2005, Karol Jósef Wojtyła) bekräftigte konsequenterweise die Lehre von HV, und zwar in seinem Apostolischen Schreiben "Familiaris Consortio" und seinen jahrelangen mittwöchlichen Katechesen auf dem Petersplatz. Er prägte darin den Ausdruck "Kultur des Todes", der er eine "Kultur des Lebens" gegenüber stellte.
Benedikt XVI. hat die bleibende Gültigkeit der Lehre von HV
bereits mehrmals bestätigt.
Hat seine Bemerkung im Buch
von Peter Seewald, dass ein Strichjunge mit Kondom
verantwortungsvoller handle als ohne, wirklich eine Revolution vom Zaum
gebrochen? Jedenfalls hat sie eventuelle Skrupel der Industrie
verringert, die
nun in Entwicklungsländern auf die durch die UNO angebotenen Kondom-Packungen
"mit dem Segen
des Papstes" schreiben kann - und darum geht es ja in
Wirklichkeit.
3.2 WAS DIE KATHOLIKEN DAZU SAGTEN
Die Katholiken
unterhalb des Papstes waren mehrheitlich gegen "Humanae
Vitae". Was impliziert, dass manche auch dafür waren. Es gab und gibt
Ärzte, die ihr ganzes Leben lang NFP ("natürliche Familienplanung")
lehr(t)en11. Es gab und gibt Ehepaare, die mit NFP glücklich geworden sind.
Übrigens
waren an der Entwicklung der Lehre Pauls VI. auch Ehepaare maßgeblich
beteiligt.
Statistisch gesehen, erweisen sich Ehen, in denen NFP praktiziert wird, um etwa
das Fünffache stabiler als solche, in denen verhütet wird (auch meine
geschiedenen Eltern
haben hormonell verhütet).
Die
nationalen Bischofskonferenzen Österreichs und Deutschlands
relativierten die Lehre von HV gleich nach dem Erscheinen der
Enzyklika insofern, als sie sagten, dass man auch in der Ehe
verhüten könne, solange man
nach seinem Gewissen handle (Mariatroster
Erklärung,
Königsteiner
Erklärung).
Bischöfe und Priester, die HV vertraten und lehrten, waren in der
Minderzahl,
aber es gab sie. In der Folge wurde wahrscheinlich viel verhütet - und
abgetrieben. Man konnte ja beides beichten und wurde absolviert
(übrigens wird
in Österreich, zum Unterschied von Polen, Verhütung praktisch nicht gebeichtet).
Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn
sprach in seiner erst acht Monate später bekannt gewordenen
vielbeachteten Rede im
Jerusalemer Abendmahlssaal (27.3.2008)
griffig von einem dreimaligen Nein Europas zum Leben:
- 1968 bei der Ablehnung
von Humanae Vitae
- 1975 bei der Einführung der Fristenlösung
- 2009 bei der
Einführung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften
(Ich finde es beachtlich,
dass Schönborn hier ausdrücklich den Bischöfen Mitschuld am
Bevölkerungsschwund Europas gab - das habe ich vorher noch nie und von
niemandem gehört. Ich schrieb ihm deshalb einen anerkennenden Brief
und erhielt von ihm eine freundliche
Antwort.)
III. RANG UND GELTUNG DIESER LEHRE
...
ist, um das vorweg zu nehmen, ziemlich hoch. Sie gilt als unfehlbar
und bezieht sich auf alle Menschen, nicht nur Katholiken. Ich leite
das wie folgt ab:
Das
Lehramt der katholischen Kirche beansprucht Unfehlbarkeit in
Fragen des Glaubens und der Sitten ( = des Handelns).
Unfehlbarkeit in Fragen des Glaubens bezieht es aus der
Offenbarung
Jesu Christi.
Unfehlbarkeit in Fragen des Handelns bezieht es aus der
menschlichen Vernunft, die, erlöst durch die Gnade Jesu Christi, zur
Erkenntnis
der wahren menschlichen Natur befähigt wurde.
Formal ist HV nicht als unfehlbar deklariert. Der Inhalt von HV
beansprucht jedoch Verbindlichkeit und
steht in einer ununterbrochenen Lehrkontinuität seit den Zeiten der
Apostel -
und das zählt für viele als Kriterium für die Unfehlbarkeit einer Lehre.
Das Naturrecht bezieht sich auf alle Menschen, nicht nur auf
Katholiken. Daher hält
die katholische Kirche die Lehre von HV für eine
allgemeinmenschliche, vernunftgemäße Lehre, die für alle Menschen dieser Welt gilt.
In den letzten 18 Jahren meines Lebens
gemachte Erfahrungen lehren
mich, dass der beschriebene gesellschaftliche Antagonismus vor allem durch
interkulturelle und interreligiöse Eheschließungen entspannt werden wird. Ich sprach mit
Soziologen in verschiedenen Ländern, die meinen, dass ethnische
Spannungen und bewaffnete Konflikte in einem zu eng gefassten
Religionsverständnis gründen und das Überleben der Menschheit von
der Überwindung rassischer, kultureller und religiöser
Barrieren im Heiratsverhalten abhängen wird. "Wir müssen uns
vermischen, wenn wir überleben wollen" war der einhellige,
vielleicht etwas naiv-begeisterte
Tenor dieser Gespräche.
Auch die ethisch anspruchsvolle Lehre von Rev. Dr. Mun Sun Myung und seiner
Frau Dr. Han Hak Ja, die messianische Dienste an der Menschheit leisten, geht in
dieselbe Richtung12.
Schaffen wir das, dann wird die
Angst vor einer zu großen Vitalität der Menschheit automatisch ihren Boden
verlieren -
weil es nur mehr eine Menschheit geben wird, zu der dann jede/r gehören wird ...
F U S S N O T E N
1 "Es mag
begründete Einzelfälle geben, etwa wenn ein Prostituierter ein
Kondom verwendet, wo dies ein erster Schritt zu einer Moralisierung sein kann, ein erstes Stück
Verantwortung, um wieder ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass nicht alles
gestattet ist und man nicht alles tun kann, was man will. Aber es ist nicht die
eigentliche Art, dem Übel der HIV-Infektion beizukommen. Diese muss
wirklich in der Vermenschlichung der Sexualität
liegen" (Licht der Welt. Der Papst, die Kirche und die Zeichen der Zeit. Ein
Gespräch mit Peter Seewald, Herder Verlag, Freiburg im Breisgau, 2010, 146). 2 Eher Haarriss in der Betonmauer als Dammbruch: Die Presse 27.11.2010 17:58 3 Nicht-demokratische Regimes können natürlich leichter Maßnahmen ergreifen, die die Rechte ihrer Bürger verletzen. So setzte beispielsweise China seine Ein-Kind-Politik auch mit Zwangsabtreibungen durch. 4 "Der
Feminismus ist unsere Erfindung aus zwei Gründen. Vorher zahlte nur die Hälfte der
Bevölkerung Steuern, jetzt fast alle, weil die
Frauen arbeiten gehen. Außerdem wurde damit die Familie zerstört, und wir
haben dadurch die Macht über die Kinder erhalten. Sie sind unter
unserer Kontrolle mit unseren Medien und bekommen unsere
Botschaft eingetrichtert,
stehen nicht mehr unter dem Einfluss der intakten Familie. Indem wir die Frauen
gegen die Männer aufhetzen und die Partnerschaft und die Gemeinschaft der
Familie zerstören, haben wir eine kaputte Gesellschaft aus
Egoisten geschaffen,
die arbeiten (für die angebliche Karriere), konsumieren (Mode,
Schönheit, Marken), dadurch unsere Sklaven sind und es dann auch noch gut
finden." 5 Die Berichte der römischen Verwalter im ersten Jahrhundert betonten öfters, dass Christen nicht abtrieben. 6 Laut der von der nationalen Hebammenvereinigung der USA geführten und dem US-Gesundheitsministerium vorliegenden Liste der Fehlgeburten verloren gegen die Neue Grippe Geimpfte sieben Mal so häufig ihr Kind wie nicht Geimpfte. 7
- Immer mehr
Studien belegen, dass von internationalen Organisationen
aufgestellte Terrorgruppen Blutbäder unter Zivilisten anrichten und anderen in die Schuhe
schieben. Sie erzeugen damit im Volk den Ruf nach einem effektiveren
Sicherheitsnetz, das sie prompt liefern und damit auch schon alle in dessen
Maschen gefangen haben ... |
8 "Littera Encyclica" (lat.) wörtlich: Brief, der alle einschließt; sinngemäß: Rundbrief an die (Kirche in der) ganze(n) Welt 9 Siehe dazu das sogenannte Krakauer Memorandum aus dem Jahre 1966. 10 Siehe dazu etwa ALLEN John L. Jr., Pope John Paul I and the pill: THE
NATIONAL CATHOLIC REPORTER
September 5, 2003 Vol. 3, No. 2,
bzw. das italienische Original von Lucianis Rede: ACCATTOLI Luigi, Papa
Luciani, quel "sì" alla pillola: Corriere della Sera 28.1.1995,
14: 11 Siehe dazu den Bericht des Arztes Dr. René Bullecer, der mit
seinem von der philippinischen Bischofskonferenz gesponserten
Programm "AIDS-freie Philippinen" erreichte, dass seit 1984 nur 590 Menschen des
96-Millionen-Landes an AIDS starben. 12 Siehe dazu etwa die Abschnitte über "Interkulturelle Eheschließung" in den 2006 und 2007 öffentlich gehaltenen 12 Friedensansprachen (PDF-Format). |
Letzte Änderung: 05. 01. 2011 20:34 Uhr |