SÜDTIROLER TAGESZEITUNG  23. 02. 2007


Hutterer-Delegation beim Landeshauptmann: Unterhaltung im breiten Pustererisch

Späte Versöhnung

Eine Delegation der kanadischen Hutterer hält sich derzeit in Südtirol auf. Dem Land, aus dem ihr Religionsgründer gewaltsam vertrieben wurde. Gestern standen als Vorbereitung auf das große "Versöhnungstreffen" im Herbst Besuche beim Landeshauptmann und Bischof an.

"Es ist an der Zeit, ein dunkles Kapitel Südtiroler Geschichte aufzuarbeiten, sich mit ihm auseinanderzusetzen und die Lehren daraus zu ziehen", sagte Landeshauptmann Luis Durnwalder gestern nach einem Treffen mit einer Delegation kanadischer Hutterer.

Die Delegation ist derzeit in Begleitung von Robert Hochgruber, Christoph von Hartungen und Stefan Kuhn in Südtirol unterwegs, um sich auf ein "Versöhnungstreffen" vorzubereiten, das im Herbst stattfinden soll. Bei diesem Treffen soll die Geschichte der Verfolgung der Wiedertäuferbewegung des aus St. Lorenzen stammenden Jakob Hutter aufgearbeitet werden. "Gerade weil Jakob Hutter aus Südtirol stammt, die Bewegung also hier ihre Wurzeln hat, sollte man deren Geschichte auch an unseren Schulen lehren", meint Durnwalder.

Für die Hutterer aus den kanadischen Provinzen Manitoba, Saskatchewan und Alberta ist die Reise in die Heimat ihres Gründervaters natürlich von besonderem Interesse. "Gleichzeitig ist es aber auch für uns interessant zu erfahren, wie sich diese Tiroler Gemeinschaft in der Abgeschiedenheit und so weit von uns entfernt entwickelt hat", so der Landshauptmann. Ein nettes Detail des Treffens. Durnwalder konnte sich mit den Hutterern in breitestem "Puschtrarisch" unterhalten. "Schon allein die Entwicklung der Sprache zu verfolgen, Ausdrücke zu hören, die es bei uns nicht mehr gibt, und festzustellen, dass man sich auch nach rund 500 Jahren getrennter Sprachentwicklung versteht - das ist auch für uns faszinierend", so der Landeshauptmann.

"Es ist an der Zeit, ein dunkles Kapitel Südtiroler Geschichte aufzuarbeiten"
Luis Durnwalder

Von besonderer Bedeutung ist auch das Treffen, das nach dem Besuch beim Landeshauptmann folgte. Die Delegation besuchte Bischof Wilhelm Egger an seinem Amtssitz. Wenn man bedenkt, dass die katholische Kirche vor Jahrhunderten die Hutterer als Ketzer verfolgte und sie schließlich zur Auswanderung zwang, kann das Treffen auch als späte Wiedergutmachung verstanden werden.

Bischof Egger hat im Gespräch dann auch darauf hingewiesen, dass die Kirche seit der Vertreibung der Hutterer sehr viel gelernt hat, was etwa Toleranz und Dialog betrifft. Er hat zudem erklärt, dass unsere Kirchengeschichts- und Religionsbücher auch eine angemessene Darstellung jener schmerzhaften Zeiten bieten. Weiters hat er die Hutterer über die religiöse Situation in Südtirol informiert.

Die Hutterer ihrerseits haben dem Bischof aus ihrem Alltag erzählt und so einen Einblick in ihre Glaubensform und Glaubenskultur gegeben. Sie berichteten unter anderem über ihre Gebete, ihre Versammlungen und über die Feier des Abendmahls.