SÔNNTAGSBLATT Nr. 12

[Leserbrief:] Stolz auf Jakob Hutterer

Lieber Herr Tribus!
Ihre Idee, einer Hutterer-Familie das Verdienstkreuz des Landes Tirol zu verleihen, gefällt mir sehr gut. (Tageszeitung vom 8.3.07) Ich hoffe, dass der  Vorschlag an zuständiger Stelle Gehör findet. Ja, es wäre ein Zeichen der Verbundenheit über die Grenzen und die Jahrhunderte hinweg. Es wäre ein Signal, dass wir uns in Süd- und Nordtirol freuen, dass heute noch in Kanada und den USA Nachfahren jener Tirolerinnen und Tiroler leben, die zwar verfolgt und vertrieben, aber ihrer christlichen Überzeugung und ihrer gemeinschaftlichen Lebensweise treu geblieben sind. Sie sind bis heute ein Beispiel der Gewaltlosigkeit, das es in der Tiroler Geschichte wohl nie gegeben hat. Das darf uns auf Jakob Hutter und die heutigen Hutterer stolz machen. Ich meine, in unseren Geschichtsbüchern könnte stehen, dass er und die Seinen große Tirolerinnen und Tiroler waren. Freilich sollte die Geschichte nicht ohne eine Auswirkung auf die Gegenwart aufgearbeitet werden. Es ist zu überlegen, welche Denk- und Handlungsmuster damals zur Ausgrenzung und Vertreibung der Hutterer geführt haben und was davon bis heute nachwirkt. Es war damals nicht vorstellbar, dass mehrere Religionsgemeinschaften friedlich nebeneinander in Tirol leben. Das hätte die Identität in Frage gestellt. Und heute? Es scheint manchmal, dass die bloße Anwesenheit bzw. die religiösen Stätten der Muslime die Identität Südtirols gefährden. Und als Sündenböcke für eigene Probleme eignen sich auch heute noch manchmal Menschen aus anderen Staaten und Angehörige anderer Religionen. So könnte von einer Aufarbeitung des dunklen Kapitels mit den Hutterern ein Signal für Verständnis und Dialog mit heutigen religiösen und anderen Minderheiten ausgehen.

Robert Hochgruber, Tschötsch

Ich weiß nicht, lieber Herr Professor Hochgruber, wer im Lande die diversen Ordensträger des Landes Tirol auswählt. Ich werde mich kundig machen und in der Partei nachfragen, denn sicherlich entscheidet das (auch) die Partei. Es braucht eigentlich nicht großen Mut, sich bei den Hutterern heute mit der Verleihung eines Ordens zu entschuldigen. Oder? Ich werde beim Herrn Obmann nachfragen und beim Herrn Landeshauptmann, natürlich. Fragen Sie doch in Nordtirol nach, bei Herrn van Staa vielleicht geht's dann.

Arnold Tribus


Die Hutterer besuchten während ihres Südtirolbesuches auch das Geburtshaus von Jakob Hutter in St. Lorenzen.

Bozen/lnnsbruck - Hutterer wieder abgereist
"Wir sind Freunde geworden"

Die Delegation der Hutterer, die sich in Süd- und Nordtirol aufgehalten hat, hat ihre Rückreise nach Kanada angetreten. Mit Wehmut, aber auch mit großer Freude im Herzen haben sie sich von den Menschen und dem Land ihrer Vorfahren verabschiedet.

Überwältigt waren sie von der Freundlichkeit der Menschen im gesamten Tirol. "Sie sain soo guat und soo fraintlich zun ins", sagte Paul Hofer, einer der Hutterer. "Mir sain erstoant, dass mon in Tirol olbn no daitsch ret wia mir. Diis is dr schiansta Platz auf dr gonzn Welt." Tief beeindruckt und bereichert waren auch die Mitglieder des Süd- und Nordtiroler Arbeitskreises Hutterer-Versöhnungszeichen. "Wir sind in dieser kurzen Zeit Freunde geworden", sagte Robert Hochgruber, der Leiter des Arbeitskreises. "Es ist großartig zu wissen, dass es in Kanada und den USA Menschen gibt, die noch unseren Dialekt sprechen, sich eine Tiroler Kultur bewahrt haben und aus ihrem tiefen christlichen Glauben heraus leben."

Neben vielen Gesprächen in privaten Kreisen und auf Veranstaltungen unterschiedlicher christlicher Glaubensrichtungen waren sie auch bei den Bischöfen Wilhelm Egger und Manfred Scheuer sowie bei Landeshauptmann Luis Durnwalder zu Gesprächen eingeladen.

Die Eröffnungsbegegnung am 471. Todestag von Jakob Hutter vor dem Goldenen Dachl und im Bürgersaal des Alten Rathauses in Innsbruck bewegte die Teilnehmer dank der Offenheit, mit welcher dIe Christen verschiedener Bekenntnisse, auch der katholischen Kirche, zu den Ereignissen im 16. Jahrhundert Stellung nahmen.

Die Hutterer werden nun zu Hause den Ältesten und Predigern ihrer Gemeinden die Erfahnmgen mitteilen. Ein Schreiben des Arbeitskreises "Versöhnungszeichen" lädt zu weiteren Gesprächen ein. Ziel ist eine Vertiefung der Kenntnis der jeweiligen Standpunkte und - "wenn Gott es will", wie die Hutterer sagen - ein offizieller Akt der Freundschaft und des Friedensschlusses, um dieses dunkle Kapitel der Tiroler Geschichte abzuschließen. Dies soll auch ein Wegweiser sein für Respekt und Toleranz im gegenseitigen Umgang der verschiedenen heutigen Religionen und Weltanschauungen.