WIENER NEUSTADT  1671:
Das qualvolle Sterben der Hexe Afra Schick.
Eine wahre Begebenheit.
Von Karl Flanner

DECKBLATT

Als die Schergen der unheiligen Dreieinigkeit von Kirche, Obrigkeit und Folterknechte im Jahre 1671 die aus Schlatten (Herrschaft Kirchschlag) stammende KleinhäuslersWitwe Afra Schick zur "peinlichen Befragung", d. h. zur Tortur in den Keller des Amtshauses nahe dem Reckturm schleppten, hatte die Verfolgung und Ausrottung von Hexen und Ketzern schon eine lange Tradition. Die Päpste hatten das Annenchristentum längst verraten, hatten sich mit den Reichen, den Kaisern und Fürsten, verbündet, häuften riesige Reichtümer an und beuteten die Bauern nicht weniger grausam aus als die weltlichen Herren - dies alles in Gottes Namen. Dagegen entstand in der Bauernschaft und bei den städtischen Kleinbürgern eine Opposition, die häufig in der Ablehnung der scheinheiligen Kirchenpraxis und im Verlangen nach der Rückkehr zu den christlichen Grundsätzen gipfelten. Diese Opposition schloß auch die Ablehnung der grundherrschaftlichen Willkür und die Macht der fürstlichen Oberschicht ein.

Die zahlreichen Aufstände der Bauern, der Holzknechte, Bergmänner und mitunter auch der städtischen Bürger waren das sichtbarste Zeichen der Unruhe und der Unzufriedenheit des Volkes mit jenen, die ständig Kriege führten und sich daran bereicherten, während die Bauern abgeschlachtet wurden, mit jenen, welche Fron und Zehent bis zur Abstiftung zahlloser Bauernhöfe hinaufsetzten, aber nichts gegen die Schrecken der Pest unternahmen, mit jenen, welche dies alles und noch mehr mit Berufung auf den Herrgott und seinen Sohn Jesus rechtfertigten und die Gläubigen mit der Drohung auf die ewige Verdammnis in der Hölle unter Druck hielten.

Die Menschen, getrieben durch ihr Drangsal, rüttelten an den geistigen Grundlagen der Macht. Da schritt die Papstkirche in Übereinstimmung mit den Fürsten, die auch ihre Herrschaft gefährdet sahen, zur Bekämpfung dieser gefährlichen Auffassungen, indem sie die Träger derselben als Ketzer bezeichnete, diese foltern und mit dem Schwert oder durch den Scheiterhaufen hinrichten ließen.
Die vom Papst Innozenz VIII. im Jahre 1484 eingeführte Inquisition wütete bald auch gegen Frauen und Männer, welche beschuldigt wurden, mit dem Teufel im Bunde zu sein. Wer aber im Auftrag des Teufels an den Grundfesten der Kirche nagte, war eine Gefahr auch für das ganze feudale Ausbeutungs- und Knechtungssystem. Um diese Gefahr abzuwenden, setzten Kirche und Staat das Volk jahrhundertelang in Angst und Schrecken vor dem Blutterror der Inquisitoren und Folterer. Diese hatten die Anordnung, den auf die Folterbank gebundenen solange und wiederholt die Glieder auszurenken und die Knochen zu brechen, sie solange und wiederholt zu peitschen, zu zerren und ihre Bäuche gewaltsam mit abscheulichem Wasser anzupumpen, bis sie halb wahnsinnig gestanden, was ihnen auf Grund eines detaillierten und umfangreichen Fragenkataloges abverlangt wurde. Der sakrale Sadismus wütete dabei besonders grausam gegen Frauen, die ja von der Kirche als die Verursacherin der Erbsünde dargestellt wurde, und von denen es im Mittelalter durch die zahlreichen Kriege einen Überschuß gab. Dabei waren es vorwiegend Frauen aus der sozialen Unterschicht des Volkes, die sich häufig durch besondere Lebenserfahrung und Klugheit auszeichneten, und deren natürliche Autorität neben den offiziellen Autoritäten, wie Pfarrer und Grund- oder Landesherr nicht geduldet wurde.

Eine solche natürliche und menschliche Autorität war die 60jährige Afra Schick. Im folgenden sei das mit ihr aufgenommene und im Stadtarchiv von Wiener Neustadt aufbewahrte Verhörprotokoll wiedergegeben.
Es muß aber darauf verwiesen werden, daß das Frage- und Antwortspiel zwischen dem Folterer und der Gefolterten nicht die fürchterlichen Schmerzensschreie der Gepeinigten, nicht das Stammeln der ständig dem qualvollen Tod Nahen, nicht das Widerrufen des bereits herausgepreßten "Geständnisses" und das neuerliche "Gestehen" nach dem Wiedereinsetzen der Tortur festhält. Die für heutige Begriffe schwer verständliche Schrift und Sprache wurde etwas "übersetzt", ohne Sinn und Inhalt zu verändern. Die Fragen der Folterer an die Afra Schick sind mit der dem Protokoll entnommenen Nummer, die Antwort mit dem Buchstaben Sch(ick) bezeichnet.

VERHÖRPROTOKOLL

Demnach wurde verwichenen 3. Augusti von der Herrschaft Kirchschlag deren Untertanin Affra Schickhin da der allhier arretierte Michael Gsöller wider sie ausgesagt, und sie es auch hernach nit in Abrede gestellt und bekannt hat, daß sie ihm, Gsöller, nit allein die Kunst mit den Kristallen (Glaskugeln) umzugehen gelernt, sondern auch eine Ursacherin gewesen, daß er sich derentwegen dem bösen Feind ergeben und demselben sein Seel mit seinem Blut verschrieben, sie auch selbst dem bösen Feind allbereits an die 40 Jahr lang verbunden sei, in das allhiesige kaiserliche Stadt- und Landgericht geliefert. Also ist sie hierüber erstlich gütlich, hernach aber auf angezogene Inquisitiones A. B. C. D. E; ernstlich mit Vorstellung des Freymannes und auch Voranlegung der peinlichen Instrumente vorort examiniert und von folgendes bekennt und ausgesagt worden.

Interrogatoria (Fragen des Vernehmers):

1. Wie sie heiße? Wie alt sie sei, von wann sie gebürtig, wo derzeit wohnhaft und untertänig, auch wes Religion sie sei?
Responsoria (Antworten der Vernommenen), Sch.:
1. Sie heiße Affra Schickhin, bei etlich und 60 Jahre alt, von Maria Zell aus Steyrmark gebürtig, habe sich vor etlich und dreißig Jahren her in der Schlatten bei Bromberg als eine haussäßige Untertanin, zu der Herrschaft Kirchschlag gehörig, aufgehalten und wohnhaft gewesen, sei auch katholischer Religion.

2. Ob sie verheiratet? Ob und wieviel sie Kinder habe? Wo dieselben sich derzeit aufhalten?
Sch.: Sagt: derzeit sei sie nit verheiratet, sondern war übers Jahr eine Wittib, habe vorher zwei Ehemänner gehabt, mit denen sie neun Kinder erzeugt, davon fünf gestorben, die vier aber noch im Leben sind; zwei verheiratete Töchter, deren eine sie ihr Haus und Wirtschäftl nach ihres Mannes Tod übergeben, die andere aber hause auch zu Bromberg auf einem anderen kleinen Häusel. Ein Sohn, so noch ledig, tut zu Bromberg im Pfarrhof dreschen, der andere aller hat sich vor etlichen Jahren in das Kriegswesen begeben.

3. Aus welcher Ursache sie allhier in das Landsgericht geliefert worden?
Sch.: Sagt: sie wiße keine andere Ursach, als daß sie zwie Kristalle (Glaskugeln) gehabt, darin sie allerhand Krankheiten und andere Anliegen der Menschen, so sie zu ihr gekommen und Hilf und Rat begehrt, hat besehen und sodann teils mit Ansprechen, teils mit unterschiedlichen Kräutern helfen und auch vielmals das Verlorene den Leuten wiederum zuweg bringen können, weshalb sie dann an unterschiedliche Orte geholt und sowohl den Leuten als auch dem kranken Vieh geholfen hab, auch zu ihr oft so manches Jahr an die 100 Personen um Rat kommen sind.

4. Wie lang es sei, daß sie die Kristalle habe? Und von wem sie solche bekommen hat?
Sch.: Sagt: sie werde solche bereits an die 42 Jahr lang haben und hat ihr solche ihr Bruder namens Joachim, seines Handwerks ein Maurer und zu Zell wohnhaft, nunmehr aber vorlängst des jähen Todes gestorben, bei einem Klampferer, so auch mit Tod abgegangen und ihr Vater gewesen, herausgeschickt.

5. Ob sie gleich gewußt hat, damit umzugehen? Und ob sie alles, was sie gewollt, darinnen hat sehen können? Oder wer ihr hernach die Kunst dazu, wie und auf welche Weise gelernet hat?
Sch.: Sagt aus: sie hat es anfänglich nit gewußt, sondern habe die Kristalle drei Jahr lang gehabt und selbige nit können brauchen. Hernach aber sei sie nach Maria Zell Kirchfahrten gegangen, die Kristalle mitgenommen und zu ihren Bruder gekommen, den sie alsdann gefragt, was sie mit diesen zugeschickten Kristallen tuen, und wie gebrauchen müssen?
Darauf hat er geantwortet: Du kannst es ja wohl gebrauchen, weil du ein neues Sonntagkindl bist, allein du muß tun, was ich getan hab, nämlich dich dem Teufel ergeben.
Darüber war sie anfangs erschrocken, wollte es nit tun, auch hat sie darüber angefangen zu weinen.
Er hat sie doch endlich dazu beredet, sodaß sie ihren Willen darein gegeben hat und hat darauf der Bruder den Teufel, welchen er gehabt, gerufen und gesagt: tue Teufel du mein Kasperl und hilf meiner Schwester auch, wie du mir geholfen hast, worüber der Teufel alsobald in Gestalt eines kleinen Tiers, wie eine Katz mit breiten Pranken und Hörnern auf dem Kopf, gekommen ist und etwas schnoflig gesagt: ja, ja, ich will ihr schon helfen.
Hab also auf diese Weis und mit diesem Anfang und der Hilf des bösen Feindes hernach die Kristalle gebrauchen und die Krankheiten, auch besondere Anliegen, sowohl bei den Menschen als auch beim Vieh wissen und helfen können.

6. Ob sie allen, so sie zu ihr gekommen sind, und durch welche Mittel und Beistand hat helfen können?
Sch.: Sagt: nein, hab vielen helfen, vielen aber nit helfen können, hab keine andere Mittel gebraucht als Kräuter und Rauchwerk, sowie das Ansprechen und dies alles mit Hilfe des Teufels.

7. Was selbige für Kräuter und woraus der Rauch gemacht gewesen, auch zu welcher Zeit und wie sie selbe dem Menschen und Vieh gebraucht?
Sch.: Sagt: habe unterschiedliche Kräuter, nach dem der Zustand gewesen, gebraucht, besonders aber Gliederkräuter, Hirsch- und Löwenzungen, Götter- und Kundlkräuter, Waldherr, Baumwollkraut und andere mehr, so ihr nit alle einfallen, davon sie auch das Pulver, wann die Kräuter dürr geworden, gemacht, und welches gemeiniglich an einem Montag vor dem Sonnenaufgang den Leuten und dem Vieh, so zwar wohl, daß die Leut gehört und vermeint haben, alles in dem Namen Gottes zu tun, habe aber in der Stille vorher den Teufel zu Hilf genommen und angerufen, angewandt und gebraucht.

8. Woher sie gewußt, diese und andere Kräuter, zu einem oder anderen Zustand zu Recht zu sein und zum Gebrauch?
Sch.: Sagt: wann sie die Krankheit des Menschen oder Viehs gewußt, hat sie ihren Geist gerufen, der hat ihr erstlich gesagt, woher der Zustand komme, hernach hat er auch die Kräuter, welche sie dazu gebrauchen müße, genannt.

9. Warum sie teils Leuten und auch dem Vieh hat helfen konnen? Teils aber nit?
Sck: Sagt: weil sie oft solches dem Begehrer nit hat zulieb tun woJlen, oft aber, wenn sie ihren Geist gefragt, was diesem oder jenem sei, und wie zu helfen wär, er ihr geantwortet, es wäre des Kranken seine Zeit schon aus und es könne ihm nit mehr geholfen werden.

10. Wo sie hingegangen, wann sie den bösen Feind um Rat gerufen? Und wie er ihr erschienen und mit ihr geredet hat?
Sch.: Sagt: wär auf ihren Boden gegangen, allda hat sie selbigen in einem Glas gehabt und wenn sie das Glas genommen und gerufen, hat er sich gleich, als ein kleines Männlein darinnen gezeigt und geantwortet.

11. Wie sie selbigen in das Glas bekommen und gebracht hat?
Sch.: Sagt: ihr Bruder hat selbigen hineingeschafft und ihr, als sie bei ihm zu Zell gewesen, mit herausgegeben.

12. Ob sie selbigen einmal herausgelassen oder ob er ohne ihren Willen nit heraus könne? Auch, wie sie ihn erhalten und was sie sonst tun hatte müssen?
Sch.: Sagt: sie hat ihn einmal herausgelassen, er aber ihrer Meinung nach nit heraus hat dürfen, hab ihm auf Geheiß des Bruders immerzu Weizenkleiber, so viel als in eine Faßlnußschale Platz hat hineingeben müßen.

13. Was sie dem bösen Feind für solch seine anerbotene Dienst- und Hilfeleistung hingegen versprochen?
Sch.: Bekennt: sie habe, wie im 4. Artikel verstanden, ihm hingegen ihr Laib und Seel versprochen und sein Zusein sich mit ihrem Blut verbinden müßen.

14. Wie und auf welche Weise, auch zu welcher Zeit und an welchem Ort ist solche Verbindung geschehen? Ob sie solche schriftlich oder mündlich, auch in wessen Gegenwart, getan, alles umständlich zu erzählen.
Sch: Sagt: nach dem, wie zuvor vermeidet, auf Rufen ihres Bruders der Teufel, welchen er Kasperl, und auch hernach sie auch so genannt, an einem Samstag abends beiläufig um 5 Uhr in des Bruders Haus, als sie allein in einem Zimmer miteinander gewesen, gekommen, und sie angeredet, was sie ihm wolle hat sie gesagt, er soll ihr helfen, wie er ihrem Bruder geholfen hat, darüber er geantwortet hat, ja, wenn sie sich ihm ergeben, die Seel versprechen, Gott und alle Heilige verleugnen wolle, sei er erbötig, ihr auch zu dienen und zu helfen.
Also hat sie auf solches sein Versprechen, Gott und alle Heiligen angefangen zu verläugnen und abzusagen und sich auf des bösen Feinds Geheiß in die rechte Hand inwendig in den Ballen unter den kleinen Finger geschnitten, das Blut davon in einen seichten Löffel von Zinn zurinnen lassen, von welchen sie etliche Tropfen selbst hat eingenommen, das übrige aber dem bösen Feind hat geben müßen, davon er ihres getrunken, und eingenommen.
Alsdann hat er ihr noch etwas, das einem Blut gleichgesehen hat, gegeben, welches sie auch hat einnehmen müssen.
Als nun dieses geschehen, hat der Teufel gesagt: nun bist du mein. Sie hat hingegen geantwortet: ei, so sei es, so bin ich halt dein und du bist halt auch mein.
Und hat der böse Feind sie in Gestalt eines Mannsbildes mit einem weißen Angesicht umfangen und ihr zum Gedächtnis drei Küsse auf die linke Wange gegeben.

15. Wie lang ist der böse Feind bei ihr verblieben? Was er ihr sonst gelohnt und sie miteinander getan und geredet haben?
Sch.: Sagt: er wäre von 5 Uhr bis Mitternacht bei ihr verblieben und hat ihr allerhand schändliche Sachen vorgesagt und Künste gelehrt.

16. Was für schändliche Sachen der böse Feind ihr vorgesagt hat? Und was für Künste er ihr gelehret?
Sch: Sagt: von allerlei Unkeuschheit, und er hat ihr gesagt, wie sie die Leut und das Vieh, wann sie wolle, verderben und krank legen könne, daß sie abdorren und verwelken müßen.

17. Ob sie hernach und an wem diese Kunst, die Menschen und das Vieh zu verderben, probiert?
Sch: Bekennt: ja an sehr vielen Leuten und auch an Kühen, die sie nit alle mehr wissen könne, die bekanntesten aber sind: ihre Nachbarin, die Marei, mit welcher sie sich zerkriegt und sie hernach auf 3 Tag krank gelegt. Als aber der 3. Tag vorüber, habe sie erbarmt und wiederum gesund gemacht, wonach sie dann noch eine gute Zeit lang gelebt und erst vor 6 Jahren an einer natürlichen Krankheit gestorben. Ebenso habe sie ihren gewesenen Verwalter zu Krumbach, Johann Francesco, aus der Ursache und dergestalt niedergelegt, daß er darüber ganz närrisch wurde und fürchtete, endlich gar sterben zu müßen, weil er gehört hat, daß sie einen Kristall habe, weshalb er ihr selbigen mit Gewalt habe nehmen wollen. Deshalb habe sie dann, als er bei dem Herrn Pfarrherrn zu Bromberg, wo er sich eine Zeit aufuielt und über eine Krankheit klagte, und wiederum zurück nach Haus reiten hat wollen, habe sie, als er gegen des Paul Webers Haus, allwo t hat reiten müßen, vorübergeritten, ihm in des Teufels Geheiß und Namen, ein Pulver gestreut, der Meinung, daß er also voll Krankheit werde, daß er nicht mehr von dem Roß steigen möge. Er sei darauf zwar nach Haus gekommen und hat vom Roß absteigen können, aber gleich he mach ist geschehen, wie sie es ihm vermeint hat. Zugleich habe sie ein krabatisch (kroatisches) Weib von Traßmarkt, namens Traudl, welches zu ihr gekommen, ihren zuhaus krank liegenden Mann gesund zu machen, und nicht eher von ihrem Haus gehen wolle. Sie habe sie dadurch bös gemacht, weshalb sie gleichfalls Krankheit gelegt, sodaß sie ganz hat sollen abschwinden, worauf sie dann auch schon angefangen, zu erkranken. Hernach aber habe sie ihr wiederum geholfen, indem die Traudl hab müßen ihr ein Hemd, so sie als kranker angehabt, schicken, welches sie mit einer Gestalt eines Menschenhaares, so ihr der Teufel gegeben, ebenso von Kräutern gemachten Rauch im Namen des Teufels geraucht und selbiges Hemd wiederum zurückgeschickt, welches sie, Traudl, umgekehrt drei Tag und Nacht hat anlegen und tragen, hernach aber in einem Wasser ausschwemmen hat müßen. Dann, so hat sie auch ihre von dem bösen Feind erlernte Kunst an dem Vieh probiert, und soviel ihr noch in Erinnerung, der Bänglin zu Scheiblingkirchen ihre zwei Kühe auf 2 Tag also verderbt, daß sie anstatt der Milch, Blut gegeben, doch endlich als sie sie um Rat gebeten, wiederum zu recht gebracht. Zugleich hat sie eine Maierin zu Lackenbach vor vier Jahren, als sie, die Schickin sich mit einer Jüdin zerkriegt, und die Maierin sich der Jüdin angenommen, und sie derentwegen ausgescholten hat, all ihr Vieh nach und nach dergestalt verderbt, daß zwei deshalb umgestanden, die übrigen aber nit allein keine Milch gegeben, sondern auch angefangen zu erkranken und abzuwelken, jedoch aber, als die Maierin sie derentwegen um Rat gebeten, wiederum geholfen, daß die übrigen Kühe gesund geworden sind. Ebenso hat sie auch zu Hollenthon jemand, deren Namen sie nit weiß, zwei Kühe krank gemacht und die Milch genommen.

18. Was sie zur Verderbung der Menschen und des Viehs gebraucht, woher genommen und wie gemacht hat?
Sch.: Sagt: der Maria, wie anfangs bemeldet, und dem Herrn Verwalter, hat sie auf Geheiß des bösen Feindes einen Zahn von einem verreckten Vieh genommen, selbiges gebrannt und zu Pulver gestoßen, alsdann in des Teufels Namen deses Pulver an denjenigen Ort, allwo sie haben müßen darübergehen und reiten, gestreut, dem krawatischen Weib aber hat sie tote Tiere, von deren neune in einer Schale zu finden sind, auch auf Lehrung und Geheiß des bösen Feindes in seinem Namen unter die Füß geworfen, und nit weniger hat sie auch die Kühe mit dergleichen toten Tiefen verzaubert, welche sie ihren unter die Schinken in des bösen Namen geworfen und dazu gesprochen, so weit als diese toten Tiere verschwinden, so weit soll dieser oder jener Kuh die Milch verschwinden.

19. Ob sie nit selbst nächtlicherweile zu den Kühen, wie und auf welche Weise gekomen ist, und selbige gemolken hat?
Sch.: Bekennt: ja, sie sei gar vielmal und auch bei obbenannten Kühen gewesen, es hat's ihr Geist in der Nacht dahin gebracht, sie habe die Kühe in ihr Fürtuch gemolken und damit, mit Hilf ihres bösen Geistes, heimgebracht, hernach zu Haus in ein anderes Geschirr gesiehen und unter ihre Milch gerührt, hatte aber wenig darum gebracht, sondern wäre das meiste zu Wasser geworden.

20. Ob nit selbige Leut, wenn sie gemerkt, daß Ihnen ihr Vieh verzaubert, die Milch entzogen oder sie sonst nichts zusammenrühren können, ihr dagegen etwas tun können, darum sie geplagt und erkranken müßen?
Sch.: Bekennt: mehrmalig ja, sei ihr 2 Mal geschehen, daß sie es am ganzen Leib gebrannt und dann ausgeschlagen hat, endlich aber hat sie durch Hilf und Rath ihres Geistes, mit Rauch ihr wiederum selbst geholfen.

21. Ob die im 16. Punkt vorangeregte ihr von dem bösen Feind vorgesagten unkeuschen Dinge nur in bloßen Worten oder auch hernach in der Tat bestanden, indem sie etwa mit ihrem Geist oder sonst anderen die Unzuch1 getrieben, auch sich fleischlich vermischt hat?
Sch.: Sagt: sind nit allein in Worten, sondern auch in der Tat vollzogen worden, und zwar mit niemand anders als mit ihrem Geist.

22. Wann? Wo und wie oft ist solches geschehen?
Sch.: Sagt: selbige Nacht als sie sich seiner ergeben, war es zwei Mal, wie oft es aber hernach in diesen 8 .oder 9 Jahren geschehen ist, könne Sie die Zahl eigentlich nit wißen. Das weiß sie wohl, daß es absonderlich und gemeiniglich in den Quatembers (Vierteljahreszeiten) und neuen Sonntagsnächten, teils in den Wäldern, teils auf den Feldern und Schaidwegen, wie nit weniger auch in ihrem eigenen Bett, wann ihr Mann entweder im Dreschen oder Reifschneiden (reifes Korn mähen) gewesen, geschehen ist.

23. Wie und auf welche Weise sie an selbigen Ort jedes Mal gekommen sind?
Sch.: Sagt: ihr Geist habe sie jedes Mal selbst abgeholt und zu sich auf ein schwarzes Roß gesetzt und mit ihr in alle Lüfte an den Ort, allwohin er gewollt, ausgefahren.

24. Ob sie nit auch zu Zeiten Schmierwerk gebraucht? Und damit ausgefahren sind?
Sch.: Bekennt: ja, anfänglich wohl, nach etlichen Jahren aber hat sie es nit mehr gebraucht, sondern der böse Feind hat sie nur gleich so mit sich genommen und fortgeführt.

25. Wer ihr solche Schmier gegeben, was dabei gewesen, was sie dazu hat genommen, und hernach wie und auf welche Weis hat brauchen müßen?
Sch: Sagt: die erste Schmiere hat ihr der böse Feind gebracht und hernach gelehrt, wie sie es selbst machen könne, nämlich hat sie drei Elstern zu Pulver brennen müßen und hernach ein Schmer genomen, Leinöl dazugegossen und selbiges untereinander samt dem Pulver abgerührt, also daß, wann sie alsdann hat wollen ausfahren, hat sie sich auf die Herdstatt in der Kuchl gesetzt, da dann der böse Feind gekommen und ihr die untern Glieder damit geschmiert.
Hernach hat sie sagen müßen: "nun in Teufels Namen fahre ich aus, und nirgends an" und habe also darüber sich jählings erhebt und sei durch die Tür ausgefahren.

26. Was sie hernach selbig Ort miteinander getan? Ob sie nur jedesmal allein oder mehrere ihresgleichen alldort zusammen gekommen sind?
Sch.: Sagt: sie habe bald getanzt, bald gegessen und getrunken und hernach die Unzucht getrieben, sind auch jedesmal von unterschiedlichen Orten viele Herren, anher und Frauen samt Geistern mit und dabei gewesen.

27. Ob sie wiße, von welchen Orten sie gewesen und ob jemand dabei gewesen, den sie gekannt habe? Auch wieviel von einem jeden Ort dorthin gekommen sind?
Sch.: Sagt: sie wiße es anders nicht, als daß es der böse Feind, wann sie gekommen sind, empfangen. Sie habe aber dabei einige Menschen nit erkennen können, aus der Ursache vielleicht, weil sie vorher selbige Leut nit gekannt hat und wann sie ihr auch jemand kenntbar einbilden könnte, sie doch gleichwohl nit recht wißen oder eigentlich sagen konnte, daß diese oder jene auch dabei gewesen waren, und dürfte sie dadurch bald einer Person ein Unrecht antun, da der böse Geist betrügerisch ist. So sie nit gern tun wollte, und werden dieselben etwa schon so wie sie an den Tag kommen.

28. Was sie jedesmal alles zu Essen und Trinken gehabt, wie und was sie gegessen und von wem bedient worden? Auch was für Musik sie gehabt haben?
Sch.: Sagt: ein bratenes Fleisch haben sie gehabt, von dem ihr aber graust und niemals hinunterbringen hat können, sondern heimlich weggeworfen. Was aber das Trinken ansagt, wiße sie eigentlich nit, was es gewesen, und sind dem Schein nach, bei einen mit schwarzen Tuch bedeckten Tisch gesessen und ein jeder von seinem Geist bedient worden. Die Musik wiße sie nit, wer oder was es gewesen. Es hat wohl etwas untereinand gelautet, aber nit auf die Weis als wie man es sonst anderswo hört.

29. Wie und wes Gestalten haben sich ihre Geister sehen lassen?
Sch.: Sagt: der ihrige sei bald in einem schwarzen, bald grünen, bald gelben Gewand in Gestalt eines Mannsbilds, im Angesicht öfters schwarz als weiß zu ihr gekommen und erschienen.

Vor den Blutrichtern mit Kreuz und Krone

30. Wie lang solche Zusammenkünfte gewesen und sie beisammen gewesen, und wie sie hernach wiederum nach Haus gekommen sind?
Sch.: Sagt: von ungefähr 11 Uhr an bis nach Mitternacht, hernach hat sie ihr Geist wieder zu sich auf das Roß gesetzt und nach Haus in ihr Bett, bisweilen waschnaß gebracht.

31. Ob nit ihr Mann oder jemand anderer gemerkt hat, daß sie nit zu Haus sondern ausgefahren sei?
Sch. : Sagt: nein, hat's weder ihr Mann noch jemand anderer in Obacht genommen, einmal aber, als sie ihr Geist aus Zorn, weil sie nit seines Willens tun wollte, nur bis zur Haustür gebracht und einen Stoß gegeben, daß sie davon angefallen und stehen lassen, hat sie müßen selbst hinauf im finsteren gehen und sich niederlegen müßen, worüber ihr Mann verwundert war und gefragt hat, was für ein Tumult sei und wer gehen tue. Sie habe geantwortet, sie wäre ein wenig aufgestanden, dabei er es dann hat bewenden lassen.

32. Ob sie sich selbige Nacht, als sie hat sollen oder wollen ausfahren, jedesmal zu ihren Mann gelegt oder wo sie geblieben, und was sie getan hat?
Sch.: Sagt: sie hat sich jedes Mal und alle Nacht zu ihren Mann gelegt und geschlafen, bis ihr Geist gekommen sei und sie aufgefordert hat.

33. Ob sie bei ihren Zusammenkünften nit von ihren Geistern auch begehrt haben, allerhand Ungewitter, als Schauer, Sturmwind, große Güsse, Gefrier und dergleich zu machen, auch hernach, wie und auf welche Weise und an welchen Orten diese wirklich gemacht und geschadet haben?
Sek: Bekennt: ja, sie habe solches von ihren Geistern zu lehren begehrt, auch wirklich gelehret und hernach unterschiedlich: und wenigstens habe sie bei 12 große Schauer helfen machen. Der meiste aber, den sie gemacht, ist bei Bromberg und um selbiges Revier oder Gegend niedergegangen, welches alles, was er angetroffen, niedergeschlagen und verderbt hat. Ebenso hat sie auch den jüngsten großen Schauer, den sie an einer Pfingsttagnacht bei ihrer, bei den drei Bäumen oberhalb des Föhrenwaldes unweit des Neustädter Marksteines gehabten Zusammenkunft zu machen miteinander entschlossen und hernach am Samstag darauf zu Abend zwischen 5 und 6 Uhr vollzogen machen helfen und waren sie samtselb dreißig mit und dabei gewesen. Sie sei vor dem Schauer auf einem Roß mit ihrem Geist voran geritten und den Schauer geführt, die anderen aber teils auf Ofenschüßeln, teils sonsten unterschiedlich nachgefahren, viele aber sind als Jäger mitgeflogen. Ingleichen hat sie unterschiedlich große Sturmwind und unter anderem auch vor ungefähr 12 oder 13 Jahren den großen Sturmwind in den Sticklberger Wald helfen machen, darauf gleichfalls der ganze Wald verderbt und die Bäume umgerißen worden sind. Wie nit weniger hat sie auch jähe große Güsse, und erst diesen Sommer bei Wiesmath und allhier einen Niedergang helfen machen und ist mit und dabei gewesen.

Die "peinliche" Befragung - das Foltern - begann in der Regel mit dem Entkleiden der zu "befragenden" Hexe.

34. Wie und auf welche Weise sie bei Tag, da sie dergleichen Zutun vorgehabt haben, zusammen und unbemerkt aus den Haus gekommen sind?
Sch.: Sagt: sie habe gemeiniglich den Bucklkorb genommen und ist damit aufs Feld gegangen, als dann, wenn es Zeit gewesen, sei der Böse gekommen und habe sie gleich mit sich in die Luft davongeführt. Den Korb aber habe sie stehen gelassen, und wann die Zeit vorüber war, hat er sie wiederum zu ihrem Bucklkorb gebracht, den sie hernach mit Gras oder anderem angefüllt hat und damit heimgegangen ist.

35. Ob sie es allezeit vorher gewußt hat, wann sie hat müßen ausfahren, und ob sie allezeit - sie habe gleich wollen oder nit - habe mit dem bösen Feind fort müßen?
Sch.: Sagt: sie hat's oft nit gewußt und sei der böse Feind oft, wenn sie auf dem Feld gewesen ist, urplötzlich gekommen und hat sie weggefuhrt. Hernach aber, als sie es gemerkt und ihr gemeiniglich, wann er hat wollen kommen, eine Hitz und Angst vorher aufgestiegen, habe sie vielfalls, wenn sie nit gern mitwollen, geschwind das Kreuz gemacht, nach welchem er ihr alsdann nit zukommen hat können.

Die Fußfolter

36. Ob sie niemals in die Keller gekommen und den Wein aus den Fässern getrunken, hernach die Fässer mit anderen angefüllt?
Sch.: Bekennt: ja, einstmals vor 12 oder 13 Jahren zu Eckenmarkt, als sie alldahin zu dem Treiber Martl wegen seiner Krankheit geholt worden bin, war sie samt - so ihr recht ist - sechzig anderen zu Nacht in des Rohrsteffl seinen Keller gekommen und ihm ein ganzes Faß Wein ausgetrunken, aber das Faß leer gelassen und nichts hineingefüllt.

37. Ob sie, als sie das erste Mal sich mit dem bösen Feind verbunden und mit ihm in der Unzucht zu tun gehabt, noch ledig oder verheiratet gewesen?
Sck: Sagt: sie sei schon verheiratet gewest und als lediger nichts dergleichen gewußt.

38. Ob der böse Feind nit hernach den Beischlaf mit ihren Männern verhindert hat oder wenigstens verhindern wollte?
Sch.: Sagt: nein, weil sie doch dann, wie gemeldet, 9 Kinder mit ihren Männern erzeugt hat.

Das Fußbrett

39. Ob die Kinder alle zur heiligen Taufe gekommen sind oder sie im Namen des Teufels getauft hat?
Sch.: Sagt: sie sind alle, sowohl die verstorbenen als auch die noch im Leben vorhandenen, ordentlich zur heiligen Taufe getragen und getauft worden.

40. Ob kein Kind um ihre Künste und Zauberei gewußt und sie es dem einen oder anderen gelernt hat?
Sch.: Sagt: nein, im wenigsten nit, und hat sie es oftmals bereut, daß sie dazu gekommen sei. Sie könne auch ihrem Bruder, daß er sie dazu gebracht hat, keine Gottesgnad nachsagen.

41. Ob sie, seit sie sich dem bösen Feind ergeben, niemals gebeichtet und kommuniziert hat?
Sch.: Sagt: ja, hat vielmals gebeichtet und sei auch gespeist worden, auch unterschiedlich auf Kirchfahrt gegangen.

Hexentreiben

42. Ob sie es auch gebeichtet, daß sie sich dem bösen Feind ergeben, und ob sie einmal die heilige Hostie wiederum aus dem Mund genommen und selbige verunehrt oder dem bösen Feind gegeben hat?
Sch.: Sagt: nein, hab's niemals gebeichtet, hab aber unserem Herrn jedesmal recht empfangen und ihm Unehr nit getan.

43. Ob es der böse Feind niemals von ihr begehrt, daß sie die heilige Hostie verstecken solle?
Sch.: Sagt: Ja, hat ihrs wollen befehlen, sie hats aber niemals getan, sondern mit dem Beistand Gottes allzeit recht hinuntergenossen.

44. Ob sie allzeit recht gebetet hat? Oder ob ihr der böse Feind auf eine absonderliche Weise zu beten gelernt und was sie gebetet hat?
Sch.: Sagt: sie hat allzeit recht ihren Rosenkranz gebetet und hat ihr der böse Feind niemals was anderes zu beten gelernt oder befohlen.

Hexenküche

45. Ob es ihr Geist gelitten und zufrieden gewest, wenn sie dergleichen Andachten venichtet hat?
Sch.: Sagt: nein, er sei nit zufrieden gewest, hat ihr auch derentwegen nit allzeit etwas gesagt, wann sie ihn hernach um etwas gefragt hat. Er hat sie auch wohl oft derentwegen und besonders dann, wenn sie seines Willens nit werden oder ausfahren hat wollen, hart geschlagen.

46. Wann? Wo und mit was er sie geschlagen hat?
Sch.: Sagt: mit einem Karabätz oder Ochsenziemer, gemeiniglich des Nachts, wenn ihr Mann nicht daheim gewesen, und sie schon im Bett gelegen ist.

47. Ob sie eigentlich wisse, daß sie dazumal wirklich wach gewesen und die Streiche empfunden habe.
Seh.: Sagt: ja, und sie sei oft genug blau und gelb am Leib gewesen.

Die "Tränenprobe": Bricht die Beschuldigte angesichts der Folterwerkzeuge nicht sofort in Tränen aus, ist sie eine Hexe. Weint sie vor Schmerz, ist das vom Teufel eingegeben und sie ist erst recht eine Hexe.

48. Wenn solches ihr Mann oder jemand anderer gesehen und sie gefragt, was sie darauf geantwortet und wie sie sich entschuldigt hat?
Sch.: Sagt: wann's ihr Mann gesehen und gefragt hat, hat sie gesagt, es komme vom schweren Tragen her.

49. Ob sie den bösen Feind nit zu gewißen Zeiten aufs neue angeloben hat müssen?
Sch.: Sagt: ja, gemeiniglich zu Vierteljahreszeiten, wann sie zusammengekommen sind.

50. Ob sie sonst nichts anderes, als oben bekannt, schädliches getan, und nit etwa nächtlicherweil den Müttern in oder nach deren Kindbett ihre Kinder entweder erwürgt oder sonst verderbt oder gar mit hinweggenommen? Wann ist es geschehen? Wohin es getragen und was sie damit angefangen hat?
Sch.: Sagt: sie wisse sich nichts anderes mehr zu entsinnen, und habe niemals solche Gedanken gehabt, den Kindbetterinnen oder ihren Kindern etwas dergleichen Gefragtes anzutun.

"Afra Schick reitet mit dem bösen Geist vor der Hagelwolke über den Neustädter Föhrenwald."

51. Ob sie denn diese ihre Kristalle-Kunst und Zauberei gar niemand gelehrt oder jemand von ihr zu lehren begehrt hat?
Sch.: Sagt: sie wisse keinen, außer einen Mann, der ein Halter zu Schwarzau und Michael heißen soll, den hat sie auf sein stetes Anhalten vor ungefähr 7 Jahren den Kristallgebrauch gelehret.

52. Wie er, Michael, zu ihr gekommen und sie miteinand bekannt geworden und darüber zur Red gekommen sind?
Seh.: Sagt: als der Thomas Gamer zu Bromberg krank gelegen; hat er besagten Halter, als welcher vorher auch zu verschiedenen kranken Leuten und Vieh geholt worden, weil sie gehört, auch holen lassen, dazu sie dann sofort gekommen, und als er gesehen, daß sie in einem Kristall seine ganze Krankheit zu erkennen geschaut, hat er vermeldet, daß er auch einen solchen Kristall habe, könne aber darin nichts sehen, worauf sie zu ihm sagte, er solle ihr's bringen und sehen lassen.
Als er ihr nun solchen etliche Tag hernach gebracht und gezeigt, habe sie festgestellt, daß es ein rechter Kristall wäre, wie sie selbst einen habe, worüber er begehrte, sie sollte ihm es auch lehren zu gebrauchen. Sie habe darauf geantwortet, sie könnte ihm's nit lehren.
Es wäre denn, daß er sich, gleich wie sie, dem Teufel vorher ergeben, und als er nun gleich dieses Zutun sich erboten und sie beide dazumal allein beieinander zwischen 11 und 12 Uhr Mittagszeit in einer Stuben bei dem Christoph Leuthner ihren Nachbarn gewesen, hat sie ihren Teufel gerufen und gesagt, er solle kommen, es wäre einer da, der sich ihm auch ergeben will.
Er war also gleich gekommen in Gestalt eines kleinen Männleins mit Hörnern und Geißklauen, welchen er, Michael, auf ihr Geheiß 3mal angeredet und begehrt, er solle ihm helfen, worüber der böse Feind gesagt hat, ja, er wolle ihm helfen, wenn er sich mit seinem Blut verschreiben will, daß er wolle sein verbleiben, also hat er, Michael, gesagt: ja, und sich darauf in den Daumen geschnitten, das Blut in eine Nußschale rinnen lassen und alsdann damit auf einem Zettel sich dem Teufel verschrieben und ihm das Zettel hinter sich an den Hals gehängt, über welches, als sie noch solang, daß man ein Ei essen mochte, beisammen gewesen und einander angeschaut, war der böse Feind wiederum zur Tür hinausgesprungen.

"Hexen" zaubern den Hagel herbei.

53. Was sie beide hernach, als der böse Feind hinweg war, miteinander geredet und getan und was er, Michael, ihr für diese Kunst zu lehren, gegeben hat?
Sch.: Sagt: haben anderster hernach nichts getan, als allein er, Michael, ihr hat wegen Lehrung der Kunst ein Ächtering (Achtel) Wein gegeben, welchen sie miteinander ausgetrunken haben und alsdann voneinander gegangen sind.

54. Ob sie hernach nit öfters, wie und wo zusammengekommen sind?
Sch.: Sagt: nein, sie hat ihn seither niemals mehr gesehen.

55. Ob sie beide einen Geist oder jeder einen eigenen gehabt haben und wie sie mit Namen geheißen?
Sch.: Sagt: sie vermeint nit, sondern ihr Geist hat ihm alsdann einen anderen zugegeben, der ihrige aber hat der schwarze Kasperl geheißen, den sie allzeit also hat rufen müßen.

56. Ob sie sonst gar niemand ihre Kristallkunst gelernt oder die Leut verführt und beredet hat, sich dem Teufel zu ergeben?
Sch.: Sagt: nein, sonst einigen anderen Menschen nit, hatte es auch diesem nit gelernt, wenn er's nit selbst von ihr begehrt hätte.

57. Ob sie dies ihr Verbündnis mit dem bösen Feind niemals gereut und gern wiederum von ihm wäre losgelassen?
Sch.: Sagt: ja, hab es wohl oft und vielmals heimlich bereut und wäre gern losgeworden. Ihr Geist aber hat ihr's nit zugelassen. War daher froh, daß es, ehe sie gestorben ist, an den Tag gekommen ist. Sie will alles gern widerrufen und die Gnade und Barmherzigkeit Gottes ansuchen und bitten, ihre Sünden zu verzeihen. Sie schließt auch damit ihre Aussage und bittet um Gottes Willen, ihr möglichst an die Hand zu gehen, ihre arme Seele von dem bösen Feind zu erledigen, und zu raten, wie sie sich dann Gott und der Obrigkeit nach deren Gefallen mit ihrem Zutun, befehlen tut.

Actum Neustatt im Amtshaus den 13. Septembris 1671.

Maximilian N.
Gerichtsschreiber

Silentium

 

URTEIL UND VERBRENNUNG

Afra Schick und der mit ihr "im Bunde" stehende Michael Gsöller hatten keine Möglichkeit zu ihrer Verteidigung. Der zur Zeugenschaft genannte Pfarrer von Fitten hatte Glück, nicht selbst zum Gefolgsmann des bösen Geistes geworden zu sein.

Und so erging das Urteil:

"Es erkennen Richter, Bürgermeister, Rath und Genannte (heute: Gemeinderäte) zu Recht: die Afra Schick solle auf die Schrannen geführt, ihr allda ihre Missetaten öffentlich vorgehalten und, da sie diese nochmals gesteht, zur gewöhnlichen Richtstatt geführt und daselbst mit dem Feuer vom Leben zum Tod hingerichtet werden".

Den 12. October 1671

Michael Stocker, Stadtschreiber.

Am unteren Rand desselben befindet sich der Vermerk:

"Zur Exekution den 11. Dezember 1671".

Der Michael Gsöller sollte mit dem Schwert hingerichtet und "der Körper zu Staub und Asche verbrannt werden".

Am unteren Rand dieses Urteiles befindet sich der Vermerk:

"Ist vor der Exekution im Gefängnis gestorben."

Der Stadtrichter war Paul Pleyer und der Bürgermeister hieß Matthias Eyersperg, Rat und Genannte waren honorige und gottesfürchtige Bürger ...
Beides, die Verbrennung der lebenden Hexe, sowie des toten Gsöller wurde bei der Spinnerin am Kreuz vorgenommen. Ersterer hatte man zuvor ein Säckchen Schießpulver um die Brust gebunden! Es sei noch der Ordnung halber festgehalten, daß der zu dieser Zeit in Neustadt residierende Bischof Leopold v. Kollonitsch war, und alle, die dieser dunklen "Creme der Gesellschaft" angehörten, diesen barbarischen Quälereien und dem Mord ihre Zustimmung gegeben und ihren Segen erteilt haben.
Für damals kann man gewiß nicht mehr achselzuckend auf das "finstere Mittelalter" verweisen; dieses lag schon einige Jahrhunderte zurück. Schließlich hinterließen in der damaligen Gesellschaft bereits solche Geister ihre Spuren, wie die Philosophen, Astronomen, Mathematiker, Mediziner, Naturforscher, Physiker, Techniker Leonardo da Vinci, Francis Bacon, Thomas Hobbes, René Descartes, Nikolaus Kopernikus, Theophrastus Paracelsus, Galileo Galilei (der abschwören mußte), Giordano Bruno (den sie verbrannten), Johannes Kepler, Denis Papin, Baruch Spinoza, Isaak Newton, Gottfried Wilhelm Leibnitz und andere.

Die durch viele Jahrhunderte vor sich gegangene Verfolgung und Tötung (von "Hexen") durch die kirchliche und weltliche Macht hat im Gedächtnis des Volkes nachhaltige Spuren hinterlassen, was nicht zuletzt der häufige Wortgebrauch mit Hexe zeigt: Hexentreiben, Hexenkrawall, Hexenbesen, Hexenkraut, Hexenringe, Hexenschuß, Hexentanz, Hexenmilch, Hexensabbat, verhext usw., ohne daß man dabei jene Schrecklichkeit empfindet, die den Wörtern einst zugrunde lag. In der Gegend, wo die Afra Schick zu Hause war, ist die "Erinnerung" an sie noch wach, wie der Heimatforscher Wilhelm Birnbaumer berichtet. Die Quelle, von der sie Wasser geholt und wo sie wohl auch getrunken hat, wird heute noch "Hexenbrünndl" genannt, wo am Waldrand, etwa des tiefen Schattens wegen, kein Gras sondern nur Moos wächst, ist ein Hexensteigerl, weil dort, wo die Hexe ihren Fuß hingesetzt hat, nichts "gescheites" mehr wächst, und so wie man anderswo Hunde mit Nero ruft, so trug in dieser Gegend selbst 1980 noch so manche Kuh den Namen Afra.

Seit die katholische Kirche aufhören hat müssen, Hexen und Ketzer mit Folter und Scheiterhaufen auszurotten, scheint der Hexenglaube verschwunden zu sein Aber die Geisterseher und Wahrsager, die Spiritisten und Fundamentalisten aller Sekten und informativen und aufgeklärten Gesellschaft - stets aufs neue. Und ob man etwas in "drei Teufels Namen" "verschreit", den "Gott sei bei uns" anruft oder die "Teufelsbrut" "zum Teufel wünscht" - man kann sich des bedrückenden Gefühls nicht erwehren, daß Hexenwahn und Teufelsglaube mitunter lebhaft Urständ feiern.

Impressum:
Dokumentation des "Industrieviertel-Museums" Wiener Neustadt, 1994/43
Eigentümer und Herausgeber (Verlag), Hersteller: Verein Museum und Archiv für Arbeit und Industrie im Viertel unter dem Wienerwald.
Für den Inhalt verantwortlich: Prof. Karl Flanner, Gestaltung: Maria Wöhrer.
Alle: 2700 Wr. Neustadt, Anna Rieger-Gasse 4. Tel. u. Fax: 02622/26015