Betreff: Impressionen der interreligiösen Begegnung in Graz

 

Sehr geehrter Herr Amesbauer,

danke für Ihren ausführlichen Kommentar zur interreligiösen Begegnung, der ich aus Zeitmangel nicht beiwohnen konnte. Wie Sie vielleicht wissen, zeichnete ich 1995 für den ersten Besuch des Dalai Lama verantwortlich und war damals auch in den Vorbereitungsarbeiten aktiv involviert. Seit damals bin ich im interreligiösen Arbeitskreis als Vertreterin für den Buddhismus tätig. Es war auch meine Vorbereitungsarbeit und meine Idee letztendlich Kalachakra in Graz stattfinden zu lassen. Allerdings war meine und von mir auch beim Bürgermeisteramt eingereichte Vision eine völlig andere: nämlich ein Weltfriedensgebet nach dem Vorbild von Assisi, organisiert vom Büro für Frieden und Entwicklung, Magistrat Graz. Es ist sehr bedauerlich, dass mein Vorschlag nicht angenommen wurde und stattdessen Dr. Manfred Klell mit der Durchführung von Kalachakra Graz 2002 betraut worden ist. Als Fachexpertin war es leicht voraussehbar, dass dadurch eine nicht von allen Kreisen goutierte Schwergewichtung des Buddhismus in den Vordergrund treten wird.

Weiters möchte ich festhalten, dass ich stets im interreligiösen Arbeitskreis die Einbindung von Schamanen fordere. Jedoch auch bei der interreligiösen Begegnung am Schlossberg 2002 waren nur die offiziell anerkannten Religionsgemeinschaften zugelassen. Das einzige Zugeständnis wurde für den Hinduismus erwirkt: Schon 1995 bei einer Einladung des Bischof Weber in der Diözese Graz (ich war anwesend), fragte der Dalai Lama sofort, wo denn ein Hindu-Vertreter bliebe. Einzig auf Grund dieses etwas peinlichen Vorfalles wurde für dieses Jahr ein Sprecher für die Hindus eingeladen. Trotz meiner Bemühungen wurden schamanische Traditionen außer Acht gelassen. Begründung: die Zweifelhaftigkeit gewisser, hauptsächlich christlicher, Sekten.

Ich darf hinzufügen, dass Dr. Manfred Klell mein Ausscheiden zwar aus dem vorbereitenden Arbeitskreis für die interreligiöse Begegnung am Schlossberg 2002 durchsetzen konnte, aus dem interreligiösen Arbeitskreis, dem ich seit der ersten Stunde angehöre, und der auch für die Vorbereitungen der interreligiösen Konferenz 2003 tätig ist, gelang es ihm ob einstimmiger Mehrheit der anderen Religionsvertreter jedoch nicht. Ich stehe gerne bereit etwaige Wünsche an den Arbeitskreis weiterzuleiten, oder Sie wenden sich direkt an das Büro für Frieden und Entwicklung.

Als Ethnologin und Religionswissenschafterin halte ich eine Einbindung authentischer schamanischer Traditionen und Religionen im interreligiösen Dialog für wesentlich. Auch bei den internationalen Wissenschaftskonferenzen (Ökologie und Medizin) im Rahmen von Kalachakra KULTUR hat sich dieses Konzept der Offenheit bewährt.

Mit herzlichen Grüßen

Dr. Andrea Loseries-Leick
Kalachakra KULTUR

 

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