Bosnien ist ca. zwei Drittel von Österreich, hat etwa 4 Millionen Einwohner, im Krieg waren zweieinhalb Millionen vertrieben oder geflüchtet. Eine Viertelmillion wurde getötet. Bosnien hat nach Norden gegen Kroatien die SAVA und nach Osten gegen Serbien die DRINA als Grenzfluss. Brücken waren daher immer etwas ganz Wichtiges für und in Bosnien.

Bosnien - geschichtlicher Überblick

1291 holt sich der Ban (Markgraf) von Bosnien zum Schutz vor den herannahenden Osmanen (Türken, damals als Mohammedaner bekannt), aus Italien Franziskaner. Die erste Franziskanerprovinz wird im Osten in Srebrenica ansässig. Bald wird aus dem Markgraf ein König, und aus Makedonien kommend unterwandert eine Sekte, die Bogomilen das Land.

1463 wird der letzte bosnische König in Jajce von den eindringenden Türken enthauptet und Bosnien wird für 400 Jahre ein Teil des OSMANISCHEN Reiches.

Immer wieder versucht das Abendland, die Türken zurückzudrängen, Prinz Eugen kommt bis Sarajevo, der Regierungsstadt, muss sich aber geschlagen zurückziehen. Am Rückzug wird Sarajevo und andere Orte geplündert und angezündet. Viele dort heimische Serben und Kroaten (Slawen) treten aus vorteilbringender Überlegung zum islamischen Glauben über (z.B. steuerfrei).

1878 kriselt es wieder einmal in Bosnien; Russland und Türkei bekriegen sich, es kommt zum BERLINER Kongress: die Großmächte (D, E, F, R) beauftragen Österreich, Bosnien zu okkupieren, um am Balkan Ordnung und Frieden zu schaffen. Auch dies ging nicht unblutig (im Geschichtsunterricht wurde uns dies anders dargestellt). Es gab grausame Kämpfe, besonders in Bihac und in Sarajevo. Für die bosnischen Serben waren die Österreicher ein Feindbild, für die Muslime (religionsbedingt) anfangs auch, von den katholischen Kroaten wurden sie freudig empfangen. In Sarajevo waren zu dieser Zeit hundert Moscheen, die zum Teil vom österreichischem Militär als Magazin verwendet wurden. Die Österreicher bauten in den 40 Jahren ihrer Herrschaft viele Straßen, Schulen, Krankenhäuser, Verwaltungsgebäude und die Eisenbahn auf. Wenn auch die Bosniaken, wie damals die Muslime schon genannt wurden, mit der sehr militanten Ordnung nicht einverstanden waren, gewöhnten sie sich daran, kommen ins österreichische Heer, werden dort als sehr tüchtige Kameraden gesehen. Die Serben können die österreichische Besatzung nicht akzeptieren, sehen dies als Unterdrückung und möchten ein Großserbien. Serbische Studenten planen den Aufstand, und der noch nicht großjährige Student GAVRILO PRINCIP erschießt am 28. Juni 1914 den Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau ... An der Stelle des Attentats bei der Brücke über die Milacka (Die Principbrücke heißt) ist auch heute noch die Gedenktafel "gegen Tyrannei und Fremdherrschaft". Das war der Startschuss zum ersten Weltkrieg. Wie mein Vater mir immer wieder aus dem ersten Weltkrieg erzählte, haben die Bosniaken mit ihren Pferden die Geschütze gezogen. Die militärischen Pferdekommandos sind zum Teil heute noch in Bosnien üblich. Hü und Hott und vor allem ZURÜCK. Es war dies zum Beispiel das einzige Wort mancher Bosnienflüchtlinge, das sie im Jahr 1992 in deutscher Sprache verstanden haben.

1918, am Ende des 2. Weltkriegs, zerfällt die Österreichisch-Ungarische Monarchie, und es entsteht der SÜDSLAWISCHE STAAT = Jugoslawien.

Im Zweiten Weltkrieg hat Jugoslawien keine einheitliche Einstellung, die Kroaten schließen sich mit ihrer Gruppe Ustascha mehr den Deutschen an, die Serben werden bekämpft und gehen als Partisanen in den Untergrund. Der bekannteste Partisanenführer ist wohl TITO, der mit den Kommunisten kollaboriert. Grausamkeiten gibt es auf allen Seiten.

1945, zu Ende des Zweiten Weltkrieges, hat Tito den kommunistischen Staat fest in Händen. Er bringt es zustande, dass der Tourismus aufgebaut wird, ja sogar blüht, dass still die RÜSTUNGSINDUSTRIE fleißig arbeitet, sein Jugoslawien aber nicht so isoliert ist wie andere kommunistische Länder, und hält die verschiedenen Volksgruppen unter Druck zusammen. Jugoslawien hat eine Brückenfunktion zwischen Ost und West. Bosnien ist Jugoslawien im Kleinen, ein Vielvölkerstaat; Serben, Kroaten, Muslime und wenige Juden und Zigeuner. Ein Höhepunkt dieser Brückenfunktion und auch Weltoffenheit waren die Olympischen Winterspiele 1984 in und um Sarajevo. Sarajevo wurde liebevoll restauriert, es wurde das Stadion, der moderne Flughafen, die Sportstätten, die Sportlerunterkünfte und vieles mehr gebaut. Die Olympiastadt wurde beleuchtet und von österreichischen Journalisten damals als ähnlich prachtvoll wie SALZBURG zur Festspielzeit beschrieben. Sarajevo liegt in einem Kessel, umgeben von bis zu 1750 m hohen Bergen, wo die sportlichen Austragungen stattfanden. Wer ahnte damals, dass von diesen Bergen 8 Jahre später auf Menschen geschossen wird. Dass Sarajevo zerstört wird, dass das ganze Land diese völkerverbindende Idee der olympischen Spiele vergisst und in einen blutigen grausamen Krieg fällt.

1991 beginnen die einzelnen Staaten Jugoslawiens die Selbständigkeit anzustreben, Slowenien beginnt, es folgt Kroatien schon mit sehr viel Widerstand der Serben, die immer noch auf ein Großserbien hoffen. 1991 ist Krieg in Kroatien, 1992 Krieg in Bosnien. Die aufgerüsteten Serben erobern bald große Gebiete und gehen mit brutalen Mitteln vor. Die Vergewaltigungen der Frauen und Kinder, die Vertreibungen, die Folterungen, die grausamen Tötungen, ich kann darauf nicht näher eingehen, zu nahe war ich bei diesem Geschehen. Von den ca. 4 Millionen Einwohnern Bosniens sind mehr als zwei Millionen vertrieben, davon ca. eine Million im Ausland, eine Viertelmillion sind getötet. Der Krieg tobt die ganze Zeit im Land, die Million Binnenflüchtlinge werden hin- und hergetrieben. Mehr als die Hälfte der Gebäude sind zerstört, 6 Millionen Minen sind verlegt, auch jetzt ist erst ein kleiner Teil gefunden und entschärft. Es sind Jahre, in denen sich die einzelnen Volksgruppen untereinander Serben mit Kroaten, Serben mit Muslimen, Kroaten und Muslime bekriegen.

1995 kommt es nach vielen gescheiterten Waffenstillstandsabkommen und langen schwierigen Verhandlungen zum Friedensvertrag von DAYTON. Bosnien blieb ein Trümmerhaufen, der jetzt, fünf Jahre nach Dayton, noch nicht beseitigt ist.

Bosnien blieb ein Trümmerhaufen

Die Häuser, die Industrie, die Kirchen und Moscheen, die Brücken zerstört, die Menschen entwurzelt, physisch und psychisch am Ende. Viele Delegationen kamen, Organisationen versuchten aufzubauen und bauten auch manches auf. Die ganze Verwaltung musste organisiert werden, denn in der ganzen Kriegszeit gab es keine Post, keine öffentlichen Verkehrsmittel (nur einige mutige private Busunternehmer fuhren), keine Krankenkassen, keine Mieten, keine Telefonrechnungen (obwohl es Telefonverbindungen gab), keine Müllabfuhr. Bald nach Kriegsende kamen Telefonrechnungen, Mietforderungen, Stromrechnungen, aber noch lange keine, zum Teil bis jetzt keine Pensionen, keine Einkommen. Auch wer arbeitet, bekommt oft monatelang keinen Lohn, die Firmeninhaber oder Direktoren sagen einfach, sie hätten kein Geld für Löhne und verbrauchen das Geld für sich und ihre Familien. Auch öffentliche Gelder sind in Millionenbeträgen versickert. Die Korruption blüht. Arbeitslosigkeit ist mit 50 bis 60 % beschrieben. Arbeit gibt es praktisch nur über Freunde oder mit hohem Schmiergeld. Die Arbeitslosen haben keine finanzielle Unterstützung, keine Krankenversicherung. Wer nicht Verwandte oder Freunde im Ausland hat, kann nicht überleben, außer er geht krumme Wege. In Bosnien ist es schwer, anständig zu sein. So wird die Moral besonders der Jugend untergraben. Für und in Bosnien ist es besonders wichtig, dass die Kinder, die Jugend in die Schulen gehen und eine Berufsausbildung bekommen (Beispiel Zahnschmerz, ziehen, entwurzeln). Beispiele Nermina, Resarda, Saliha, Mirsarda. Nur der in Bosnien ganz stark ausgeprägte Familienzusammenhalt macht für viele ein Überleben möglich. Familienzusammenhalt, Gastfreundschaft und Heimatliebe spüre ich immer wieder ganz intensiv bei meinen Besuchen der bosnischen Familien. Und doch möchten 60% der jüngeren Menschen auswandern, um der Hoffnungslosigkeit im Land zu entgehen. Was fehlt sind Führungskräfte mit Idealen und hoher Moral. Manche Priester oder Hodschas sind da Vorbilder, manche sind zu national oder kirchlich zu eng. Alle Bosnier sollten in ihre Heimat zurückkehren können, zu ihren Wurzeln, es müssen Brücken wieder aufgebaut werden, Brücken nicht nur über die Grenzflüsse Sava und Drina, Brücken der Versöhnung, des Friedens und mit sehr viel Liebe.

Lasst F R I E D E N wachsen

 

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