Annemarie
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Nach einer Woche, die mit Besuchen bei Menschen in Not in Bosnien, ganz
schnell verging, traf ich in Sarajevo eine Gruppe von österreichischen
Journalisten. Sie kamen (mit dem Flugzeug) nach Sarajevo, um die Situation fünf
Jahre nach dem Friedensvertrag von Dayton zu sehen und darüber in
österreichischen Medien zu berichten. Gezeigt wurde den Journalisten, was
gezeigt werden wollte und sollte: eine neueröffnete Europaschule (in Zenica),
eine neuaufgebaute Kirche (in Stup-Sarajevo) mit einem wunderbarem neuen
Intarsienaltar von österr. Militär gemacht und gestiftet, ein ganz zerstörtes
Dorf (Pecina), in dem die Kirche und der Pfarrhof aufzubauen ist. Einige
Menschen sind in dieses zerstörte Dorf schon zurückgekehrt und leben dort in
großer Not.
So kam auch ein Mann zu unserer Gruppe und bat um eine Ziege, damit sie ein
bißchen Milch haben können. "Später, das ist eine Delegation",
wahrscheinlich hat die Delegation den Mann nicht verstanden, sonst hätte man
doch sicher reagiert. Leider hatte ich nur mehr das Geld für zwei Ziegen bei
mir, das konnte ich geben.
Nach Wien zurückgekehrt, mußte ich immer wieder an die Armen in Bosnien
denken, wie kann ich ihnen helfen? Einer der Journalisten schrieb einen Artikel
im "Dialog" und erwähnte als letzten Satz, dass ich Geld für Ziegen
brauchen könnte. Ich erwartete keine Reaktion auf diesen kleinen Artikel. Doch
sehr schnell kamen Anrufe, die Menschen in Österreich wollten eine Ziege
spenden, so wurde das Geld für die Ziegenherde immer mehr und mehr. Die
Menschen in Österreich haben wirklich Verständnis für praktische Hilfe, und
ich freue mich ganz besonders darüber. So habe ich jetzt das Geld (80.000.-
ATS) für 80 Ziegen und für zwei Ziegenböcke, letztere von den Journalisten
dazu gespendet. Die zu klein gewordenen Gürtel (von dem guten Essen während
der Feiertage) sammeln wir für Ziegenhalsbänder, im Burgenland werden schon
Stricke zum Anpflocken der Ziegen geflochten.
In Bosnien freuen sich viele Rückkehrer auf die versprochenen Ziegen, so werden
wir den ersten Ziegenankauf und die erste Verteilung im Feber und die zweite im
März in Bosnien machen. In früheren Zeiten waren in Bosnien Ziegen wegen ihrer
Gefräßigkeit verboten und waren daher jahrelang nicht vorhanden. So hoffen
wir, dass sie sich nur bis für die Natur erträglich vermehren.
Freuen wir uns doch alle über Ziegenleben in Bosnien!
Am 2. Februar 2001 konnte ich meine (unsere) Ziegenaktion in die Tat
umsetzen: Schon um 9 Uhr vormittag war ich im Büro des Rückkehrbeauftragten
für die Region Nordostbosniens Fadil Banjanovic in Tuzla. Zu meiner großen
Verwunderung erwarteten mich dort bosnische Journalisten von Zeitungen, Hörfunk
und Fernsehen, sie alle wollten von der Ziegenaktion berichten.
Die Fahrt ging nach Kozluk, nicht weit von Zvornik, in der Serpska Republika.
Von Fadil war die Aktion gut vorbereitet. Wir gingen gemeinsam zu zwei
serbischen Kriegswitwen, die als Vertriebene/Flüchtlinge aus Kladanj seit
Kriegsbeginn in Kozluk leben. Jetzt kehren sie zurück in ihren Heimatort.
Leider können sie ihre Ziegen nicht in ihre Wohnung in Kladanj mitnehmen. Diese
letzten Jahre haben sie in Kozluk in einem Haus mit Garten von ihren Ziegen
gelebt. Ich (wir) konnte die ganze Herde, den Ziegenbock, seine 20 Frauen
(Ziegen) und 27 seiner Kinder (Zicklein) um DM 4.400.- (ca 30.000.- ATS) kaufen.
Ich bemühte mich, die Halsbänder (Gürtel) anzulegen, rief den Bock Roberto,
der auf diesen Namen nicht reagierte und auch mich ignorierte. Kam ich in seine
Nähe, zeigte er mir nur seine Schnelligkeit und seine Kraft. Außerdem stinkt
er entsetzlich.
Die Ziegen waren leichter einzufangen, und die dazugehörenden Zicklein laufen
ja zur Mutter. Manche haben auch zwei Kleine (Zwillinge), die ständig trinken
wollen. Der Ziegenbock ist jetzt "saisonbedingt" arbeitslos. Das
Verladen in einen Kombi von immer wieder 3 Ziegen mit ihren Jungen ging gut, und
so fuhren wir immer wieder mit Medienbegleitung zu den Rückkehrfamilien im
Dorf. Als erstes kamen wir zu einer Romasiedlung. Die Männer arbeiten auch bei
dieser Kälte an ihren kaputten Häusern und leben - nein vegetieren - in
schrecklicher Not. Ganz liebevoll haben sie für die Tiere einen Stall gerichtet
und mir versichert und versprochen, dass sie auf die Tiere, die für sie etwas
ganz Kostbares sind, ganz besonders achtgeben werden. Ich habe ihnen nicht nur
die Tiere, sondern auch die volle Verantwortung für diese Geschöpfe
übergeben. Immer wieder gab es Tränen der Freude bei den Menschen, immer
wieder bedankten sie sich und überzeugten uns von der Wichtigkeit dieser ersten
Hilfe für sie. Ich gebe diesen Dank gerne an alle Spender weiter und hoffe auch
die Freude damit weiter zu geben.