Die Kumbh Mela fand im Jänner 2001 in Allahabad statt. Dieser Ort wurde kürzlich auf den alt-indischen Namen Prayagraj umbenannt. Prayagraj gilt als "König der Pilgerorte" und ist die größte der vier geweihten Städte, wo alle zwölf Jahre - zu einer bestimmten Planetenkonstellation - das berühmteste religiöse Fest, die Kumbh Mela, stattfindet. Nach jeweils zwölf Zyklen, als nur alle 144 Jahre, findet eine ganz besonders große Feier statt, nämlich die Maha Kumbh Mela, die diesmal auch noch am Beginn eines neuen Jahrtausends stattfand.
Die Kumbh Mela ist bereits ab dem 7. Jahrhundert dokumentiert. Im Jahre 643
berichtete der chinesische Pilger und Gelehrte, Huan Tsang, dass "in der
Mela von Prayag Sadhus und Sannyassins (Suchende) sowie Weise und Gelehrte aller
Länder sich versammelten, um Buddha, Shiva, die Sonne usw. zu verehren".
Die Kumbh Mela vereint somit Hindus, Buddhisten, Jains und andere religiöse
Glaubensrichtungen Indiens und des fernen Ostens.
Im Jahre 1954 waren sechs Millionen Besucher nach Prayag gekommen, 1966 sieben
Millionen, 1977 bereits zehn Millionen und 1989 20 Millionen. In diesem Jahr
aber kam es zur größten Menschenansammlung, die jemals auf diesem Planeten
stattgefunden hat, nämlich zirka 70 Millionen Pilger, wobei allein am
Hauptbadetag, dem 24. Jänner 2001, zirka 30 Millionen Besucher herbeiströmten
(Dieser Rekord wurde inzwischen auch in Guiness' Buch der Rekorde aufgenommen).
Viele Yogis, Mahatmas, Sadhus und Sannyassins, die normalerweise in der Abgeschiedenheit des Aschrams leben, kommen an diesen Ort, um zu dieser besonderen Konstellation an dem heiligen Bad teilzunehmen. Zahlreiche Asketen und Einsiedler aus den Höhlen und Wäldern des Himalayas verlassen nur zu diesem speziellen Anlass ihre Meditationsstätten. Die Millionen von Gläubigen aus Indien und aller Welt nehmen die oft beschwerliche und weite Reise zur Kumbh Mela auf sich: einerseits um sich zu dieser besonderen astronomischen Situation durch ein Bad am Zusammenfluss ("Sangam") der heiligen Ströme Ganga, Yumuna und Serasvati von ihren schlechten "Karmas" reinzuwaschen, andererseits um "Darshan" zu erfahren.
Das Festival fand im etwa fünf Kilometer breiten Flussbett des Ganges statt, der außerhalb der Regenzeit nur ein bis zwei Kilometer breit ist. Vom Bundestaat Uttar-Pradesch wurden 15 Pontonbrücken errichtet, um sowohl den Pilgern als auch den Lastwägen zur Versorgung des Camps den Übergang über den Ganges zu ermöglichen. Hunderte Kilometer Straßen wurden gebaut, elektrische Leitungen, Trinkwasser- und Abwasserleitungen verlegt. Mehrere Hunderttausende Toilettenanlagen wurden aufgebaut. An die 200 Spitäler, Erste-Hilfe-Stationen und Apotheken sorgten für die Behandlung von Kranken; 20.000 Polizisten überwachten die Sicherheit der Besucher. Außerdem fand eine Überwachung des Areals mit Hubschraubern und Kameras statt. Mobile Postämter, Telephon und sogar Internet standen für die Besucher und die zahlreichen Journalisten aus aller Welt bereit. Bahn-, Bus- und Flugverkehr wurden verstärkt, um die Millionen Pilger aufnehmen zu können. Die Versorgung der Camps mit Lebensmitteln und Brennmaterial wurde von einer eigenen logistischen Abteilung übernommen. Wobei anzumerken ist, dass entsprechend dem hinduistischen Gebot der Gewaltlosigkeit ausschließlich vegetarische Nahrung angeboten wurde. Besonders hervorzuheben ist die vorbildliche Organisation dieses Festes durch die indischen Behörden und die absolute Friedfertigkeit der versammelten Menschen. Es gab keinerlei Zwischenfälle und Ausschreitungen; die Zusammenkunft der Millionen von Pilgern, die sich hier im Namen Gottes und des Wohls für alle Menschen versammelten, verlief in beispielhafter Weise völlig friedlich und harmonisch.
Einer der Mitreisenden formulierte seine Erfahrungen folgendermaßen: "Für einen Außenstehenden mögen die Bilder der Menschenmenge erschreckend wirken, ich fühlte mich jedoch, als ich in diesen 'Ozean der Menschen' eintauchte, vollkommen sicher und wie umgeben von Brüdern und Schwestern. Es klingt unglaublich, und man muss es einfach erlebt haben, um es zu verstehen." Einer der höchsten Würdenträger bei der Prozession und Zeremonie der Kumbh Mela war Mahamandaleshwar Parmhans Swami Maheshwarananda (von seinen Schülern "Swamiji" genannt) - sein Bad im Ganges wurde von CNN und vielen anderen Fernsehstationen in der Welt übertragen. "Swamiji" wurde von zirka 500 Schülern aus USA, Kanada, Australien und Europa zur Kumbh Mela begleitet, unter denen auch zirka 50 Österreicher waren. Mahamandaleshwar ist ein hinduistischer Ordensrang, vergleichbar mit der Position einen Kardinals. Der Titel Parmhans bezeichnet einen Yoga-Meister des höchsten Grades. Swami ist die Anrede für einen Hindu-Mönch. Swamiji stammt aus Rajasthan, Indien. Er kam 1972 nach Österreich und lebt seither in Wien. Er spricht daher ausgezeichnet Deutsch. Swami ist der Autor des weltweit anerkannten Systems "Yoga im täglichen Leben" (siehe Buchtipp *).
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Enenkelstraße 22/4 |
(aus: Ihr Einkauf 12/2001 11. Juni 2001, 16f) |