Die Kronenzeitung, Donnerstag, 22. Februar 2007, S. 22
Von Kanada nach Tirol. Geschichte soll aufgearbeitet werden
Die Nachkommen der Hutterer auf der Suche nach ihren Ursprüngen
Die
Hutterer aus Kanada vor der Gedenktafel beim Goldenen Dachl. Vergessen können
sie das Unrecht nicht; sie wollen aber eine Versöhnung.
Sie sprechen tirolerisch, waren aber noch nie in Tirol. Jetzt allerdings hat sich eine Delegation der kanadischen Hutterer auf die Suche nach ihren Wurzeln begeben. Vor 470 Jahren wurden ihre Glaubensbrüder hier verfolgt, ermordet, vertrieben. Nun soll mit einem Akt der Versöhnung das Kapitel geschlossen werden.
"Du mein Tirol, wir seh'n uns nimmermehr ..." singen Fred Kleinsasser, Paul Hofer, Mike Wollmann und ihre Frauen. Das Volkslied gehört zum Erbe aus der Heimat ihrer Vorfahren. In den kanadischen Kolonien der Hutterer wird es oft gesungen. Und mit ihm kommt die Erinnerung an ein dunkles Kapitel Tiroler Geschichte. Jakob Hutter, Symbolfigur der Täuferbewegung, wurde am Scheiterhaufen verbrannt, 400 weitere Mitglieder der Glaubensgemeinschaft hingerichtet. Kirche und Staat wollten die Hutterer nicht in Tirol. Heute leben an die 45.000 Hutterer in Nordamerika. Mehrere Familien und Generationen bewirtschaften die großen Höfe. Privateigentum kennt man nicht, Gewalt und Kriegsdienst wird abgelehnt.
Bei ihrem Besuch in Tirol ist die Delegation begeistert. "Ein wunderbares Land", schwärmt Fred Kleinsasser. Vor der Hutterer-Gedenktafel beim Goldenen Dachl halten er und seine Begleiter inne. Vergessen können sie das Unrecht nicht, das den Vorfahren angetan wurde: Doch jetzt geht es um Versöhnung. Der Arbeitskreis "Hutterer-Versöhnungszeichen" hat die Begegnung mit der Kirche in Tirol und Vertretern des Landes ermöglicht. Gemeinsam will man die Geschichte nun aufarbeiten.