Die Schöpfungsmythologie der Guarani-Indianer

Einleitung

Es handelt sich um die Schöpfungsmythologie jener Gegend der Guarani-Indianer, für die der Parana (der Fluss, dessen Wasserlauf von seinen Quelle im Hochland der brasilianischen Provinz Mato Grosso zunächst in einen weit ausufernden neuen See, an dem mächtigen Staudamm vorbei, und schließlich nach seiner Vereinigung mit dem Fluss Uruguay zum Atlantischen Ozean führt) "der Ort ist, an dem Musik geboren wird". Der Austruck Itaipu, "der singende Stein", soll an einen locker gewordenen Felsen erinnern, der einmal in den Stromschnellen des Flusses lag und durch seine Vibration einen einmaligen Klang erzeugte.

Es folgt der exotische Text (kleiner Auszug) von der Erschaffung der Welt, von den Taten der Götter und davon, wie die ersten Menschen an diesen Ort kamen.

Übersetzung des Guarani-Textes -
unter Verwendung der englischer Übertragung ist von Daniela Thomas

Die Bewohner des ersten Landes erreichten ohne Ausnahme den Zustand der Unvergänglichkeit. Jene, die beteten, jene, die verständig waren, jene, die vollkommen wurden, begaben sich in ihre zukünftigen Heimstätten. Sie selbst bauten ihre Heimstätten aus der ewigen Erde im Lande der geringeren Götter. Jene aber, die nicht verständig waren, die von bösem Wissen erfüllt waren, die den über uns Stehenden nicht gehorchten, hatten ein schlimmes Schicksal, sie mussten die Wiedergeburt erleiden. Einige wurden in Vögel verwandelt, einige in Frösche oder Käfer; unser Vater verwandelte die Räuberin in einen Hirsch: nur wenn wir im Einklang mit den Vorschriften unserer guten Väter leben, werden wir gedeihen. Unser blutschänderischer Herr forderte unsere ersten Väter heraus: er heiratete die Schwester seines Vaters. Da kam das Wasser; der blutschänderische Herr betete, sang, tanzte; da kam das Wasser, aber der blutschänderische Herr hatte noch nicht den Zustand der Vollkommenheit erreicht. Der blutschänderische Herr schwamm: er schwamm mit seiner Frau; auf den Wellen tanzten sie, beteten sie und sangen. Heiliger Eifer erfüllte sie; und nach zwei Monaten wurden sie stärker und stärker. Sie erreichten den Zustand der Vollkommenheit; sie schufen eine wunderbare Palme mit zwei Blättern; in ihren Zweigen ruhten sie aus, und bald machten sie sich auf den Weg nach ihrer zukünftigen 'Heimstätte. Dort sollten sie in Unsterbliche verwandelt werden. Der blutschänderische Herr, der Herr der abscheulichen Vereinigung, baute sich ein Haus aus dem unzerstörbaren Boden in dem Lande der geringeren Götter. Der blutschänderische Herr wurde unser Vater Tapari. Er wurde verwandelt in den wahren Vater der geringeren Götter. Unser Papa Miri schuf dieses Land. Er ließ den heiligen Gesang des Mannes in seinem Land erklingen. Die Begleitung des heiligen Gesanges des Mannes - in dieser irdischen Heimat - war der heilige Gesang der Frau. Bevor er den heiligen Gesang des Mannes über die Erde erklingen ließ, vertrieb er seine Mutter und rief sie dann wieder zurück. Noch ehe er seine ganze irdische Heimat mit dem heiligen Gesang des Mannes erfüllt hatte und noch ehe er seine irdische Heimat mit den Zeichen seiner Liebe bedeckt hatte, ging unser Vater in seine Heimat zurück. Der Ort, von dem unsere Großmutter stammt, wird das Land des steigenden Wassers genannt. Dieser Ort ist der Mittelpunkt der Erde, der Mittelpunkt der Erde unseres Vaters Papa Miri. Über diesem Ort wächst eine wunderbare Palme. Als diese Palme zum erstenmal blühte, kam der Vogel Piri'yriki und leckte als erster an den Blüten.