Ein überblicksmäßiger Bericht über die Verfolgung von Hexen und Zauberern in Österreich lässt sich nur bedingt erstellen, da vieles an altem Aktenmaterial verlorengegangen oder noch nicht bearbeitet worden ist.
Grundsätzlich kann aber gesagt werden, dass Aberglaube, der Glaube an Zauberkräfte und unheilbringende Hexen tief saßen, dass ein Großteil der Krankheiten, Unwetter, Seuchen, Schäden, plötzlicher Tod übernatürlichen, bösen Mächten zugeschrieben wurden. Die Angst, die Ernte aufgrund irgendwelcher dunkler Zaubereien zu verlieren, saß in der überwiegend bäuerlich strukturierten Bevölkerung tief, dennoch war das Interesse, Hexen und Zauberer zu verfolgen und zu verurteilen, von Landgericht zu Landgericht unterschiedlich groß, oftmals hing das Engagement vom persönlichen Interesse, der persönlichen Überzeugung der zuständigen Personen ab. Auf landesfürstlicher Ebene war das Interesse an den Zaubereiprozessen jedoch eindeutig geringer als in einzelnen ländlichen Regionen.
Unter den Verfolgten und Angeklagten jener Prozesse war der Anteil der Bürger aus den Städten eher gering, bei den meisten der Verurteilten handelte es sich um Opfer aus der bäuerlichen Bevölkerung oder der nichtsesshaften Schicht, wie den Bettlern. Diese Menschen, die in der Regel nicht wohlhabend waren, konnten sich daher natürlich auch keinen Verteidiger leisten. Besonders schwierig war die Lage nach dem Dreißigjährigen Krieg, da viele Menschen ihr Hab und Gut verloren hatten und bettelnd durch die Gegend ziehen mussten. Oft wurden sie von der aufgebrachten Bevölkerung zu Sündenböcken für schwere Unwetter gemacht, angeklagt und hingerichtet. Adelige hingegen wurden kaum mit dem Vorwurf der Zauberei konfrontiert. In der Steiermark lassen sich nur drei Fälle bezeugen.
Betrachtet man nun das Verhältnis von Frauen und Männern, die in Zaubereiprozessen angeklagt waren, so war in der Steiermark das Verhältnis der hingerichteten Frauen gegenüber den hingerichteten Männern 4:3, in Salzburg und Oberösterreich der Anteil der Männer höher. Grundsätzlich ist das Verhältnis von weiblichen und männlichen Angeklagten jedoch schwer feststellbar, da das Geschlecht aus einigen Akten nicht eindeutig hervorgeht. Noch schwieriger ist es, eine Altersstruktur der Angeklagten zu erstellen, da Altersangaben in den Prozessakten großteils fehlen.
Gründe für die Denunzierungen waren nicht immer nur irrational abergläubischer Natur, sehr oft spielten auch Neid und Hass eine Rolle. So manchem, der durch Fleiß und seiner Hände Arbeit zu etwas mehr Wohlstand als seine Nachbarn gekommen war oder der über besondere Begabungen verfügte, wurde unterstellt, eine Hexe oder ein Zauberer zu sein, mit dem Teufel einen Bund geschlossen zu haben oder sonst einen Zauber durchgeführt oder einen besonderen Glücksbringer, wie etwa einen Schrattel, zu haben, was natürlich alles geahndet werden musste.
Eine österreichische Besonderheit ist, dass um das Jahr 1680, als in anderen Ländern Europas die große Welle der Hexenprozesse bereits abebbte, in Österreich die Anzahl der Verfolgungen einen traurigen Höhepunkt erreichte.
Einer der wichtigsten Anklagepunkte und Geständisse, wie sie aus den Prozessakten ersichtlich sind und unter Folter erpresst wurden, war der Bund mit dem Teufel, der am häufigsten in den Prozessen in Vorarlberg und Kärnten, am seltensten aber im Burgenland anzutreffen ist. Weitere Anklagepunkte waren die Schädigung von Mensch und Tier durch Zauberei (in rund einem Fünftel aller Prozesse in Österreich), während in Salzburg, Wien, Niederösterreich und Tirol oft der Vorwurf erhoben wird, dass der Angeklagte Ungeziefer herbeigezaubert und über die Menschen und Felder geschickt hätte.
In der Steiermark lassen sich im 15. und am Beginn des 16. Jahrhunderts nur vereinzelt Zauberprozesse feststellen, wobei es in diesen Prozessen vor allem um Schadenszauber geht. Der erste tatsächliche Hexenprozess im Gebiet des Herzogtums fand erst 1546 in Marburg statt, wo sechs Bäuerinnen angeklagt wurden, denen Teufelsbund und -buhlschaft, die Kunst des Hexenflugs und der Hexenlehre, die Teilnahme am Hexensabbat, Giftmorde und Wetterzauber vorgeworfen wurde.
1574 erließ Erzherzog Karl II. von Innerösterreich in Anlehnung an das von Kaiser Karl V. erlassene Reichsgesetz die Steirische Landgerichtsordnung, die festlegte, dass Schadenszauber mit der Todesstrafe zu belegen sei.
Eine erste Verfolgungswelle gegen Hexen und Zauberer setzte durch den "Landprofosen" Jakob Bithner ein. Ursprünglich sollte Bithner nur gegen entlassene Zöllner, die durch das Land zogen, vorgehen, doch Bithner richtete sein Augenmerk auf die vielen Landstreicher, da er in ihnen die Urheber der Zauberei sah. Der protestantische Bithner musste jedoch 1599 im Zuge der Gegenreformation seine Tätigkeit wieder einstellen.
Mitte des 16. Jahrhunderts setzten in Mitteleuropa zahlreiche Hexenprozesse ein, wobei die Verfolgungen in Spanien bereits um 1600 und in Frankreich um 1630 ausklangen. Dagegen standen in Deutschland die Scheiterhaufen zwischen 1626 und 1631 häufig in Flammen. In der Steiermark wurden von der Mitte des 16. Jahrhunderts bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts - der letzte Zauberprozess fand 1746 in Oberradkersburg, heute Slowenien, statt - 220 Prozesse geführt, wobei insgesamt 820 Menschen vor Gericht standen. Der Höhepunkt der Hexenverfolgungen war in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, wobei in dieser Zeit rund 59 % der gesamten Hexenprozesse (wenn man von einem Zeitraum von 200 Jahren ausgeht) stattfanden und 621 Angeklagte (von insgesamt 820) vor Gericht standen. Im Gebiet der Untersteiermark, heute Slowenien, wurden in einem Zeitraum von rund 200 Jahren 305 Menschen angeklagt.
Die Anzahl der Angeklagten, die zum Tode verurteilt wurden, lässt sich nicht mehr eindeutig feststellen. Es darf aber nicht vergessen werden, dass jene Menschen, die nach solch grausamen Prozessen mit ihren schrecklichen Foltern freigelassen wurden, wahrscheinlich ihr ganzes weiteres Leben an den schweren körperlichen und seelischen Verletzungen zu leiden hatten.
Den Hauptanteil der Angeklagten stellten die "niederen" Bevölkerungsschichten. Aus dem Adelsstand sind für die Steiermark lediglich drei Angeklagte namentlich bekannt: Anna Neumann von Wasserleonburg in Murau, Benigna von Khevenhüller in Radkersburg und Graf Christoph Alban von Saurau im Murtal. Auch Geistliche sind in die Mühlen der Justiz geraten, wie 1653 in St. Lambrecht, 1661 in Gutenhag, 1666 in Rotenfels, 1673-75 in Feldbach, 1692 in Leibnitz und Ende des 17. Jahrhunderts in Straden. Juristen, die zwar an den Prozessen beteiligt waren, wurden trotz ihrer oft heiklen Aufgabe nicht in das Geschehen hineingezogen, ebenso wenig wie sich in der Steiermark eine Verfolgung von Hebammen, die ja bekanntlich über allerlei Kräuterwissen und Kenntnisse über den weiblichen Körper verfügten, darstellen lässt. Aufgrund der schlechten medizinischen Versorgung der Bevölkerung, um 1700 gab es im Herzogtum Steiermark nur etwa 50 Ärzte, waren die Menschen auf die Hilfe von Naturheilern und Kräuter- oder Heilkundigen angewiesen. Ihre Kenntnisse aber brachten diese Heiler manchmal in den Verdacht, Zauberkräfte oder geheimes, gefährliches Wissen zu besitzen. Allerdings sind in der Steiermark nur vier Fälle bekannt, in denen Naturheiler angeklagt wurden, eine Zahl, die sicher nicht von einer gezielten Verfolgung sprechen lässt.
Neben all den Befürwortern der Hexenprozesse wurden vereinzelt aber auch Stimmen dagegen laut, meist waren dies Geistliche oder gelegentlich auch Advokaten und Richter selbst. Die bekanntesten Gegner waren Pater Christian Jäger in St. Lambrecht, Pater Michael in St. Lambrecht, der Grazer Beichtvater Elias Stanislaus Otto und der Radkersburger Stadtpfarrer Mattbias Jurey.
Die wichtigsten Anklagepunkte bei den steirischen Prozessen waren: der Bund mit dem Teufel, die Kunst des Hexenflugs, die Teilnahme an Hexentänzen und am Hexensabbat, die Herstellung von Hexensalben, Zauberei, wie Wetter- und Schadenszauber, Ritualmorde an Kindern, die Kunst des Wahrsagens, Hostienschändung, Handel mit Zaubergegenständen und Einsetzen von Zauberei zum Zurück holen von entlaufenen Menschen und verlorenen Gegenständen und zum Aufspüren eines Schatzes.
aus: Hexen, Zauberer und Teufelskult in Österreich, Graz 1999, 170-173
mit freundlicher Genehmigung des
Autors
Johann SCHLEICH, Journalist (Kleine Zeitung) und Autor von ca. 40 Büchern zu
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