"In Tirol mit der Todesstrafe bedroht, flüchteten viele Huttererfamilien in den dreißiger Jahren des 16. Jahrhunderts nach Mähren und als auch dort die Verfolgungen einsetzten, noch weiter nach Osten. Im 18. Jahrhundert kamen sie bis in die Walachei und nach Südrussland.
1874 schiffte sich eine Gruppe von 250 Personen schließlich nach Amerika ein: Heute leben in Kanada und in den Vereinigten Staaten etwa 33.600 Hutterer in rund 380 kleinen Brudergemeinden.
Die Hutterer gehören zu religiösen Bewegung der Täufer, die in der Reformationszeit in Tirol weit mehr Anklang fand als die Lehren Martin Luthers: Schätzungen sprechen von über 20.000 Anhängern. Ihr Name geht auf den Pustertaler Täufervorsteher Jakob Hutter zurück, der 1536 vor dem Goldenen Dachl in Innsbruck auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde.
W. O. Packulls Forschungen dokumentieren nicht nur das schwere Schicksal der hutterischen Gemeinden von ihren Anfängen bis zum zumeist gewaltsamen Ende ihrer bedeutendsten Vertreter. Sie betten die Geschehnisse auch in die frühe Geschichte des Täufertums im gesamten deutschsprachigen Raum und in Mähren ein, führen in das Leben und die Lehre der übrigen Täufervorsteher ein und arbeiten Gemeinsamkeiten und Differenzen zwischen den verschiedenen Gruppierungen heraus. Auch unter den Anführen der Täufer gab es Meinungsverschiedenheiten und Rivalitäten, und ihre Anhänger, die für den Glauben ihre Heimat, Hab und Gut aufgegeben hatten, sahen sich in der Fremde mehrfach heftigen Spannungen und Zerreißproben ausgesetzt. Die Umsetzung der theoretischen Vorstellungen in das praktische Leben der Gemeinschaft erwies sich als schwierig und war auch von Enttäuschungen und Zweifeln geprägt.
Besonders veranschaulicht der Verfasser die unerbittliche Verfolgung der
"verdammten, schädlichen Sekte" unter König Ferdinand I. Dabei
werden auch die Schicksale der bedeutendsten Gefährten Hutters dokumentiert, so
jenes des ersten hutterischen Schulmeisters Jeronimus Käls, der noch im
Gefängnis seinen Glauben weiterzugeben suchte und 1536 in Wien auf dem
Scheiterhaufen verbrannt wurde, und die Tätigkeit und der besonders grausame
Feuertod des begabten bayerischen Täufers Onophrius Griesinger 1538.
Ein halbes Jahrhundert nach den Arbeiten von Franz Kolb und Eduard Widmoser
über die Hutterer hat Packull ein Standardwerk vorgelegt, das in einer breit
angelegten Zusammenschau die Anfänge des Täufertums auf dem Hintergrund der
neuesten Forschungen beleuchtet."
Werner O. Packull
Die Hutterer in Tirol
Frühes Täufertum in der Schweiz, Tirol und Mähren
Verlag Wagner Innsbruck, 2000
ISBN: 3-7030-0351-0