Hexenverfolgung in Österreich

Die Angst vor den dunklen Mächten und ihren Verbündeten und der Glaube an Hexerei und Zauberkunst ist alt. Bereits auf den Gesetzestafeln des babylonischen "Codex Hammurabi" wird die schadenbringende Hexerei erwähnt, und die dunkle griechische Göttin Hekate wurde mit Hundeopfern milde gestimmt. Im Zwölftafelgesetz der Römer liest man von Hexen, die Feldfrüchte verderben. Liebeszauber war anscheinend ein probates Mittel, um in einem Menschen zärtliche Gefühle zu wecken oder ihn an sich zu binden. Auf ihn trifft man in vielen Kulturen und Zeiten. In den "Metamorphosen" (auch unter dem Titel "Der goldene Esel" bekannt) von Apulejus von Madaura, 2. Jh. n. Chr., findet man "Hexenhaftes", wenn zum Beispiel von der Verwendung einer Flugsalbe die Rede ist.

Aus der Bibel bekannt ist die Hexe von Endor (1 Samue128,3-25) oder die Anweisung, eine Hexe nicht am Leben zu lassen (Exodus 22,17). Augustinus (354-430) war von der Existenz geflügelter Dämonen und Teufel überzeugt, die in Schlafende eindrängen und Herrschaft über ihre Gedanken übernähmen. Wetterzauber, der böse Blick, Verwandlungen in Tiere und die Behexung der Feldfrüchte wären die Folgen.

Wann nun gezielt begonnen wurde, Hexen und Zauberer zu verfolgen, lässt sich nicht eindeutig klären, wohl aber erwähnt bereits Gregor von Tours (um 540-594) Todesurteile, die an Hexen vollstreckt worden sind. Bischof Burchard von Worms lehnt in seinem Beichtspiegel den Glauben an Hexenflüge, Wettermacher oder unzüchtige nächtliche Dämonen ab. Zu seiner Zeit lassen sich auch keine Hexenverfolgungen durch weltliche Gerichte nachweisen.

Nur wenig weiß man zum Beispiel über die Verfolgung von Hexen und Zauberern im Mittelalter. Aus dem Jahr 1090 ist ein Volksjustizverfahren bekannt, wo in Bayern drei Frauen wegen Wetter- und Krankheitszauber vom aufgebrachten Volk zuerst der Wasserprobe in der Isar unterworfen, dann gepeitscht und schließlich bei lebendigem Leib verbrannt wurden. Geht man noch etwas weiter in die Vergangenheit zurück, so trifft man im Jahr 899 auf König Arnulf, der einen Schlaganfall erlitten hatte, an dem er verstarb. Das Volk war davon überzeugt, dass er verzaubert worden war, und bald wurden auch die vermeintlich Schuldigen gefunden - ein Mann, der geköpft und eine Frau, die gehängt wurde. Vor rund 800 bis 900 Jahren wurden Zauberer, Giftmischer und Wettermacher nach den geltenden kirchlichen Gesetzen noch relativ "human" mit einem Freiheitsentzug bis zu 7 Jahren bestraft. In der Folgezeit übernahm die Kirche jedoch das Strafverfahren der römischen Kaiserzeit, wodurch sich die Strafen wesentlich verschärften.

Ein weiterer Schritt zur Bekämpfung von Hexen und Zauberern war die Einführung der Pflicht zur Denunziation, das heißt das Volk musste verdächtige Personen der Obrigkeit melden. Diese Verordnung hat natürlich auch die Verleumdung vieler Unschuldiger nach sich gezogen.

Im 12. Jahrhundert wurden die Gesetze abermals verschärft, Häresie wurde als schweres Vergehen gegen die Kirche geahndet und mittels Inquisition verfolgt. So hatten vom Papst ernannte Inquisitoren freie Hand bei der Verfolgung von Verdächtigen, und sie konnten ohne Anklage zu erheben Ermittlungsverfahren einleiten und führen. Um von den Inquisiten Geständnisse zu erhalten, wurde mit Bezug auf das römische Recht auch Folter angewendet. Da es weiters zur Aufgabe der Inquisitoren zählte, zur Reinerhaltung des Glaubens den Teufelsdienst zu bekämpfen, gerieten in der Folge immer mehr der Hexerei und Zauberei verdächtige Menschen in die Mühlen der Inquisition.

Gegen Ende des 13. Jahrhunderts war der Aberglaube an Hexen, die durch die Lüfte fliegen konnten, den Menschen allerlei Schaden zufügten und sich an den Hexensabbaten trafen, bereits in ganz Europa verbreitet. Der hl. Thomas von Aquin (1225/26-1274) etwa war von der Existenz von männlichen und weiblichen Dämonen überzeugt, die in der Nacht mit den Menschen Unwesen trieben. Und dass der Teufel mit Zulassung Gottes Herr über einen dämonischen Staat sei, war ihm ebenso einsichtig.

Bibelzitate, Zitate aus der antiken Literatur und die Schriften der Kirchenväter bildeten bald die Grundlage, auf die sich der Glaube am Verbrechen der Zauberei ( = crimen magiae) stützte. In weiterer Folge kam noch der Satanskult mit dem Verbrechen der Teufelsbuhlschaft ( = crimen exceptum) hinzu. Im ausklingenden Mittelalter herrschte eine allgemein gültige Meinung über Hexen: Sie hätten dem Christentum abgeschworen und sich dem Teufel übergeben. Sie würden nicht mehr Gott anbeten, sondern den Satan, dem es auch gefiele, sich als Gott auszugeben (z. B. siehe Bad Gleichenberg). Die Hingabe der Hexen an den Teufel ginge sogar soweit, dass sie sich mit ihm fleischlich vereinigten. Diese Unterstellungen leisteten nun aber auch einer Dämonisierung der Frauen Vorschub. Der Franziskanerpater Alvaro Pelayo etwa bezeichnete in seinem Werk "De planctu ecclesiae" Frauen als Waffe des Teufels, die gottlose Wahrsagerinnen wären, hexten, sich der Zauberkünste bedienten, bei den Männern Impotenz verursachten, mit Hilfe von Kräutern und Mixturen Unfruchtbarkeit herbeiführten, Kinder im Bett erstickten und töteten oder Ehebruch begingen.

Die Kirche bezog immer stärker einen sehr körperfeindlichen Standpunkt und erklärte Zölibat und Jungfräulichkeit zum Idealbild. Die Sexualität und somit auch die natürliche Zeugung galten als verpönt. Da den Hexen und Ketzersekten aber nachgesagt wurde, dass sie den ehelichen Verkehr und die Zeugung verhinderten, wurde die Inquisition auf der anderen Seite aber gleichzeitig auch zur Hüterin der ehelichen Sexualität.

Schriften für und wider den Glauben an die Zauberei
Mit der Erfindung des Buchdruckes hatten die Inquisitoren und Verfolger der Hexen und Zauberer ein neues Instrument, um ihre Vorstellungen über Hexen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, und somit haben sie auch dazu beigetragen, dass der Glaube an die Hexenkünste immer stärker zementiert wurde und die Vorstellungen und Lehren tief in das Volk eindrangen. In den Werken "Directorium Inquisitorum" des Nicolaus Eymericus (1503) oder "Formicarius" des Dominikaners Johannes Nyder (gest. 1440) kommt es zu einer detaillierten Auflistung der Verbrechen, die Hexen zur Last gelegt werden, wie zum Beispiel Verleugnung der Religion, obszöne Teufelshuldigungen, Teufelspakt, Flug zum Hexensabbat, Herstellung von Hexensalben, Verwandlung von Menschen in Tiere, Schadenszauber und die Verbreitung der Wollust und Verhinderung des ehelichen Verkehrs und der Zeugung. Auch Jean Bodin schlägt mit seinem 1586 erschienenen Werk "De la demonomanie des sorciers", das 1591 in die deutsche Sprache übersetzt wurde, in die selbe Kerbe. Ein Standardwerk über Hexen und ihre Verfolgung ist der sogenannte "Hexenhammer", auf den noch näher eingegangen wird.
Im vom Juristen Molitor 1489 im Auftrag von Erzherzog Sigismund von Tirol herausgegebenen "Tractatus de laniis et phitonicis mutieribus, Teutonice unholden vel hexen" heißt es: "Wären die Hexen nicht vom Gottesglauben abgefallen, so hätte sie der Teufel nicht verblenden und zu eingebildeten oder tatsächlichen Untaten verführen können. Sie sind als Häretiker mit dem Tode zu bestrafen."
Petrus Binsfeld meinte in seinem " Tractat von Bekantnuß der Zauberer und wie viel denselben zu glauben", erschienen in Trier 1590, dass für die Prozesseröffnung eine einzige Denunziation ausreiche. Binsfeld, seines Zeichens Weihbischof, forderte auch, dass die Angeklagten, sobald sie ergriffen wären, ständig wachgehalten werden müssten (was einer sehr grausamen Foltermethode entspricht), damit sie beim Verhör keinen Zuspruch vom Teufel erhalten könnten. Außerdem war er der Ansicht, dass die zum Tode Verurteilten vor dem Verbrennen auf dem Scheiterhaufen stranguliert werden müssten, damit sie auf dem Scheiterhaufen nicht mehr Gotteslästerungen betreiben konnten.
Der von 1601 bis 1603 in Graz wirkende spanische Jurist, Theologe und Rhetoriker Antonio Martinez del Rio veröffentlichte in seinem Werk "Disquistionum Magicarum Libri Sex" seine Erfahrungen als Hexenrichter und plädierte unter anderem für eine Einschränkung der Folter bei den Prozessen, dafür aber sollten fundiertere Beweise eine Hexe überführen.
Im 1608 in Mailand erschienenen "Compendium maleficarum in tres libros distinctum" werden dagegen 322 Zeugnisse angeführt, um die Existenz von Hexen zu belegen. Holzschnitte sollten die Schandtaten der Hexen veranschaulichen.
Trotz manch mahnender Stimmen grenzte der Glaube an Zauberei und Hexerei nahezu an Hysterie, und die Verurteilten gestanden unter der grausamen Folter die unglaublichsten Vergehen, die man ihnen zur Last legte. Erst das Werk des Jesuiten Friedrich von Spee, "Cautio criminalis", das 1631 allerdings anonym herausgegeben wurde, leitete allmählich die Befreiung vom Hexenwahn ein, denn Spee war von der Unsinnigkeit der Prozesse und der dabei erpressten Geständnisse überzeugt.
In der Steiermark allerdings gab es noch vehemente Vertreter und Befürworter der Hexenprozesse, wie zum Beispiel Adam von Lebenwaldt (1624-1696). Im Mühlviertel in Oberösterreich geboren, ließ er sich als Leibarzt des Abtes von Admont ebendort nieder, später lebte er in Leoben. Sein Hauptwerk war das "Land-Stadt- und Haus-Artzney-Buch", Nürnberg 1695, allerdings veröffentlichte er auch acht Traktate über List und Betrug des Teufels. Auch der bekannte Predigermönch, der Dominikaner Abraham a Sancta Clara berichtet in seinem Predigerhandbuch "Judas der Ertz-Schelm", gedruckt 1689 in Salzburg, über Zauberer und Hexen und erzählt von Geständnissen von Angeklagten, die 1688 unweit von Graz ein Hagelunwetter verursacht hätten, indem sie Hostien in einen Schweinetrog geworfen und diese mit "unflätigem Wasser" (Urin) besudelt haben sollen. Der dabei entstandene Brei habe zum Wettermachen gedient.
Er berichtet aber auch von Hexen und Zauberern, die solcherart Wetter machten, indem sie eine Handvoll Erbsen aus einem schwarzen Häfen ausstreuten.
Nikolaus von Beckmann, 1680 als innerösterreichischer Regimentsrat nach Graz geholt, nahm die von den Verurteilten unter Folter gemachten Geständnisse als wahrhaft und gegeben an, wie zum Beispiel der später erwähnte Prozess in Leibnitz deutlich macht. In seiner Schrift "Idea juris statuarii et consvetudinarii Stiriaci et Austriaci cum jure Romano collati", Graz 1688, vertritt er die Meinung, dass die Zauberei in der Steiermark durch einen Betrug des Teufels so verborgen sei, dass die Landgerichte und Bannrichter das "verfluchte Hexengeschmeiß" nicht ausrotten könnten.
Der sogenannte "Steirische Hexenhammer" oder "Tractatus iudicarius" vom Radkersburger Hexenrichter Johannes Wendtseisen, in dem seine gesammelten Erfahrungen als Hexenrichter niedergeschrieben sind, ist schließlich ein trauriges Kapitel in der Geschichte der Hexenverfolgung, denn unschwer lassen sich darin Frauenhass und der krampfhafte Versuch erkennen, alle Milderungs- oder Hinderungsgründe, die die Verurteilung einer Hexe verhindern konnten, von vornherein auszuschalten.

Hexenbulle und Hexenhammer
Eine Schicksalsgestalt in der Geschichte der Hexenverfolgungen ist Papst Innozenz VIII., der am 5. Dezember 1484 die sogenannte Hexenbulle "Summis desiderante affectibus" erließ, welche folgendermaßen beginnt:
"Mit sehnlichstem Verlangen wünsche ich, dass der katholische Glaube zumal in unseren Zeiten wachse und blühe und dass alle ketzerische Verworfenheit weit von den Grenzen der Kirche vertrieben werde. Wir haben neulich nicht ohne schwere Bekümmernis erfahren, dass [...] sehr viele Personen beiderlei Geschlechts, ihres eigenen Heils uneingedenk, vom wahren Glauben abfallen, mit dämonischen Inkuben und Sukkuben sich fleischlich vermischen, durch zauberische Mittel die Geburten der Weiber, die Jungen der Tiere, die Früchte der Erde, die Trauben der Weinberge, das Obst der Bäume, ja Menschen, Haus- und andere Tiere, Weinberge, Baumgärten, Wiesen, Weiden, Körner, Getreide und andere Erzeugnisse der Erde zugrunde richten, ersticken und vernichten, die Männer, Weiber und Tiere mit heftigen inneren und äußeren Schmerzen quälen und die Männer am Zeugen, die Weiber am Empfangen, beide an der Leistung der ehelichen Pflichten zu verhindern vermögen ..."
Die beiden Inquisitoren Heinrich Institoris und Jakob Sprenger, mit apostolischer Vollmacht ausgerüstet, um gegen Personen jeden Ranges und Standes ihr Amt ungehindert auszuüben, und durch päpstliche Anweisung ermächtigt, zur Verhütung von Zauberei, das Wort Gottes in allen Kirchen zu verkünden, hatten nun durch diese Hexenbulle eine hervorragende Grundlage für die Herausgabe ihres Hexenhammers "Malleus maleficarum", der 1487 in Straßburg mit Genehmigung der theologischen Fakultät in Köln erschien. Das Werk gliedert sich in drei Teile, wobei die ersten beiden Teile das Hexentreiben und die Teufelsbuhlschaft schildern und der dritte Teil die Anweisungen für die geistlichen und weltlichen Richter zur Führung von Hexenprozessen zusammenfasst. Diese Ausführungen werden mit dem Satz "Das Leugnen der Wirklichkeit der Hexerei ist Ketzerei" eingeleitet.
Der Hexenhammer zeichnet sich durch einen Höhepunkt an Frauenfeindlichkeit aus, wenn etwa das Weib als der Ausbund allen Bösen und als ein Werkzeug des Teufels dargestellt wird. Als Rechtfertigung dienten unter anderem die Bibelstellen "Das Weib ist bitterer als der Tod" und "Die Zauberinnen sollst du nicht am Leben lassen" aus dem zweiten Buch Moses. Durch die technische Innovation des Buchdrucks konnte nun ein Werk, vorausgesetzt, es war in der Volkssprache abgefasst, bald eine schnelle Verbreitung erfahren, und auch der Hexenhammer wurde so bald das maßgebliche Gesetzbuch für die Gerichtspraxis. Der Hexenwahn hatte sich mittlerweile zu einer regelrechten Hysterie gesteigert, was zu einer ungeahnten Denunziations- und verfolgungswelle führte.
Die weltlichen Gerichte übernahmen in der Folge bei Zaubereiprozessen das Inquisitionsverfahren durch die Gerichtsordnung Kaiser Karls V., die "Constitutio Criminalis", auch "Carolina" genannt. In der "Peinlichen Gerichtsordnung von 1532" wird im Artikel 109 die Zauberei abgehandelt: "Strauff der Zauberey. Item so jemandt den leuten durch zauberey schadenn oder nachteill zufuegt, soll man straffen vom lebenn zum tode, unnd man solle solliche straff mit dem feur thun. Wo aber jemant zauberey gepraucht und damit nymandt schadenn gethon hete, soll sunst gestraft werden nach gelegennheit der sache; darjnne die urtheiller Raths geprauchen sollen, alls vom Rahtsuchen hernachen geschriebenn steet." Sinn der Carolina war, dass die Wahrheitsfindung von Amts wegen über Verhandlungen erfolgt. Nicht ausgeschlossen wird die Ergänzung der Rechtsgrundlage durch andere Rechtsquellen. Auch wurde festgelegt, dass für die Anwendung der Foltemehrere Indizien zusammentreffen müssten, und ein Notar solle im Falle der Folter eine Sanduhr bei sich tragen und neben dem Wehklagen des Gefolterten auch die Dauer der Folter aufschreiben. Hielte jemand der Folter länger als eine Stunde stand, so sei er freizulassen. Allerdings scheint sich an diesen "humanen" Rat kaum ein Gericht gehalten zu haben.
Der Glaube an Zauberei und Hexerei war aber nicht nur eine Prämisse der katholischen Kirche. Auch die Reformation bediente sich ihrer. So fordert Martin Luther von der Kanzel herab, dass man Hexen, die so viel Schaden anrichteten, töten solle, denn sie könnten Milch, Butter und vieles andere mehr aus den Häusern stehlen, indem sie einfach an einem Tisch, einem Stiel oder einem Handtuch melkten. Sie reizten den Menschen durch Zaubertrank zur Liebe oder zum Hass, machten Gewitter und sorgten mit Zauberpfeilen dafür, dass jemand hinken müsse. Hexen sollten getötet werden, weil sie Umgang mit dem Teufel hätten und auf Besen und Böcken durch die Luft ritten.
In der Steiermark waren für die Durchführung der Hexenprozesse die steirischen Landgerichte zuständig, wobei zwischen privilegierten und nichtprivilegierten Landgerichten unterschieden werden muss. Privilegiert waren jene, die einen eigenen Strafrichter, der "Bann und Acht" verhängen durfte, hatten. Bei den nichtprivilegierten Landgerichten führte der landesfürstliche Bannrichter den Prozessvorsitz. Einer dieser Bannrichter hatte seinen Sitz in Leoben. Von den 135 Landgerichten der Steiermark waren nur 30 privilegiert. Die Verurteilung der "Hexen" beruhte auf der "Landt- und peinliche[n] Gerichts-Ordnung des Löblichen Fürstenthumbs Steyer" vom 24. Dezember 1574 auf der Grundlage der Gerichtsordnung Kaiser Karls V. Der schädlichen Zauberei und der Teufelsbuhlschaft Verdächtigte wurden mit dem Feuertod bestraft, unschädlicher Zauber wurde mit dem Schwert geahndet. Weiters war es durch das Gesetz geregelt, dass gegen jene, die auch nur im entferntesten im Ruf standen, mit der Zauberei zu tun zu haben, streng vorgegangen werden konnte, und schlussendlich hatten die Verurteilten auch noch selbst für die Prozesskosten bzw. die Kosten für den Strafvollzug aufzukommen.
Die Gerichtsbarkeit bei den Hexenprozessen lag, wie schon erwähnt, bei den weltlichen Gerichten. Eine Ausnahme stellt allerdings der Feldbacher Hexenprozess dar, wo die Kirche vom "privilegium fori" Gebrauch machte. Die kirchlichen Behörden traten für den angeklagten Hatzendorfer Pfarrer Georg Agricola ein, und der Pfarrer von Feldbach, Jakob Koller, vertrat im Auftrag des Erzbischofs von Salzburg die kirchliche Gerichtsbarkeit. Pfarrer Koller protestierte gegen jedes Verhör der weltlichen Behörden mit Agricola. Nach längerem Streit zwischen den kaiserlichen Kommissaren und den kirchlichen Behörden bestätigte die innerösterreichische Regierung, dass durch die geistlichen Kommissare die Vernehmung und Gegenüberstellung von Agricola mit Belastungszeugen möglich sei, worauf ein förmlicher kanonischer Prozess durch das erzbischöfliche Konsistorium in Salzburg erfolgte. Georg Agricola wurde exkommuniziert und die Leiche des inzwischen Ermordeten an die weltlichen Behörden ausgeliefert.

Folter
Die Untersuchungshaft bei Hexenprozessen war ohne Ausnahme vorgeschrieben, die Zustände in den Gefängnissen waren aber katastrophal. So berichtet Graf von Purgstall unter anderem am 28. Jänner 1675 über das Feldbacher (Steiermark) Gefängnis an den Regierungskanzler:
"... daß ich aber selber tortur nicht beywonn, geschicht es weillen der Richter Und der dazue geordnete Ratsverwante genugsamb solches Vorzukehrn, auch mier Unmiglich were ein so lange Zeit bey solchen gestankh undt schwere Khelten Zuverbleiben." oder in einem Schreiben vom 7. Juli 1675: "... der gestank so man in den Kherkhern der gefangenen austehen mueß, ist Unbeschreiblich were auch khein Wunder (wan mir gott nicht beystunde) eine schwere Khrankheit zu erlangen, ..."
Die Angeklagten wurden beim Verhör zuerst nach dem Namen, dem Namen der Eltern, Alter, Geburtsort und Beschäftigung gefragt. Weiters wurden sie gefragt, ob sie den Grund ihrer Verhaftung wüssten. Am "endlichen Rechtstage" schließlich durfte sich der Angeklagte einen Verteidiger auswählen, der entweder ein Berufsredner oder ein Beisitzer "aus dem Ring", also einer der anwesenden Richter, war.
Für die Feststellung der Schuld musste ein stichhaltiger Beweis erbracht werden. Dazu wurden zwei bis drei Zeugen befragt, die ihre Aussage jedoch nach eigenem Wissen und Dafürhalten vorbrachten. Von den Angeklagten selbst wurden oft unter grausamster Folter Geständnisse abverlangt, denn leugnete der Angeklagte die ihm 'Zur Last gelegten Vergehen, drohte man ihm mit der Folter. Man kann sich unschwer vorstellen, dass allein aus Angst vor der Folter oder auch unter den Schmerzen der Folter Vergehen gestanden wurden, die tatsächlich nie begangen worden sind. So kam es, dass diese "erfolterten" Geständnisse später oftmals widerrufen wurden, was eine neuerliche Tortur nach sich zog und meist dazu führte, dass dem Inquisiten der Wille gebrochen wurde. Das gesamte Gerichtsverfahren war auf die Verurteilung des Angeklagten hin ausgerichtet und somit auf eine Hinrichtung, anstatt, wie es das Gesetz eigentlich verlangte, auf einen Prozess mit Beweisfindung.
Der Vorgang der hochnotpeinlichen Befragung war ein äußerst grausamer. Der Inquisit wurde erst einmal dem Henker vorgestellt, der wiederum seinen gesamten Fundus an Folterwerkzeugen vorführte. Danach wurde der Angeklagte ent- und mit dem Folterhemd bekleidet und an den Handgelenken gefesselt, wobei der Henker sicherlich nicht sehr zimperlich mit dem Inquisiten umgegangen ist. Bei der Tortur selbst mussten der Richter und der Gerichtsschreiber und fünf bis sechs "verständige und taugliche Gerichts- oder andere angesehene Personen" sowie ein Abgesandter der Grundherrschaft als Beisitzer fungieren.

Der "endliche Rechtstag"
Der Tag der Urteilsvollstreckung, der endliche Rechtstag, wurde unter feierlichem Glockengeläute eingeleitet. Der Richter hielt als Zeichen seiner Würde einen Gerichtsstab, der oftmals nur eine weißgeschälte Rute war, in der Hand. Das Gericht, auch Ring genannt, hatte eine genau vorgegebene Sitzordnung. Demzufolge saß der Richter in der Mitte eines Halbkreises (Ring) und die Beisitzer zu seinen Seiten. Das Publikum wurde durch Schranken von diesem sogenannten Gerichtshof abgetrennt.
Der Angeklagte, der oftmals bereits schwerste Torturen hinter sich hatte, wurde schließlich vor die "Gerichtsschranne" geführt. Bei der Verkündigung eines Todesurteils musste erst dreimal feierlich der Freimann aufgerufen werden: "Ist ein geschwohrner freymann alda der trete herein in dise MalefizSchran zum Erstn, und zweitn, und driten mall."
Der Verurteilte schließlich wurde mit folgenden Worten übergeben: "So nimb hin disen maleficanten, und richte Ihm, was Urtheill und recht ist, im Nahmen der allerheyligsten Dreyfaltigkeit in dem Allerheylligsten nahmen Jesu."
Daraufhin zerbrach der Richter seinen Stab und sagte. "Gott sei gnädig seiner armen Seele."
Die Vollstreckung des Urteils erfolgte unmittelbar nach der Urteilsverkündung. Unter dem Geläute der Sterbeglocke wurde der Delinquent, begleitet von einem Geistlichen und dem Richter, zum Richtplatz, der meist außerhalb des Siedlungsbereiches lag, geführt und gemäß dem Urteil hingerichtet.

Tötungsarten
Nicht jede Hinrichtungsart galt als gleich schrecklich bzw. entehrend. So war der Tod durch das Schwert ehrenvoller als der Tod durch den Strang, der als äußerst unehrenhaft galt. Beim Verbrennen gab es prinzipiell drei verschiedene Tötungsarten: entweder wurden die Delinquenten zuerst geköpft und dann verbrannt oder zuerst erdrosselt und dann verbrannt oder bei lebendigem Leibe verbrannt. Die Asche des Bedauernswerten wurde dann in alle vier Winde ver- oder in fließendes Wasser gestreut. Eine besonders grausame Hinrichtungart war jene mit dem Richtrad. Dabei wurde der Delinquent auf scharfkantige Klötze gebunden und mit einem Rad, auf dem eine eiserne Schneide angebracht war, brach man ihm die Knochen der Extremitäten. Danach wurde er auf ein eigenes Rad geflochten, das an einer langen Stange hoch aufgerichtet wurde. Der noch lebende Körper bzw. der Leichnam diente den Vögeln als Fraß.

Judenverfolgung
Neben Hexen und Zauberern richtete sich kollektives Misstrauen, Angst und Aberglaube auch gegen die Juden, denen die Christen nicht nur den Tod Jesus anlasteten, sondern denen man auch Hostienschändung und Ritualmorde nachsagte. Bei diesen Ritualmorden sollen mit Vorliebe kleine Kinder oder Christen getötet worden sein, um an das Blut der Opfer zu gelangen, das dann gegen Krankheiten, gegen das "Stinken der Juden", bei Geburten, beim Pessachmal und als Liebeselexier verwendet worden sein soll. Der erste überlieferte Fall, wo Juden eines Ritualmordes an einem Christen beschuldigt worden waren, ist im Jahr 1293 in Krems belegt. Um das aufgebrachte Volk zu beruhigen, wurden die beiden beschuldigten Juden gerädert.
Hass und Misstrauen auf beiden Seiten wurden ständig geschürt. 1267 zum Beispiel wurde durch die Wiener Synode Juden und Christen die gemeinsame Einnahme von Speisen verboten. Juden waren von den öffentlichen Ämtern ausgeschlossen, und es war ihnen untersagt, Christen medizinisch zu betreuen oder mit einer Christin Geschlechtsverkehr zu haben. Die Juden gerieten zusehends in Bedrängnis, immer massiver wurden die Anschuldigungen, Hostienfrevel zu betreiben, Ritualmorde zu begehen oder sich der Zauberei zu bedienen, und oftmals kam es zu Übergriffen der Christen auf die jüdischen Gemeinden. 1421 wurden, um ein trauriges Beispiel zu nennen, auf dem Wiener Erdberg 200 Juden auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Selbst vor jüdischen Benennungen machte die christliche Verunglimpfung nicht halt, und so wurde 1335 bei Hexenprozessen in Toulouse und Carcasonne erstmals die Bezeichnung Sabbat, die ja einen jüdischen Feiertag benennt, für das Treffen der Hexen eingesetzt.
Ein besonderer Fall eines angeblichen Ritualmordes, der sogar bis ins 20. Jahrhundert die Gemüter erhitzte, war jener am Knaben Andreas (Anderl) von Rinn (Tirol). Am Schauplatz dieses Geschehnisses ist später sogar eine Wallfahrtsstätte mit einer Barockkirche entstanden, in der sich ein Bild mit einer recht sadistischen Darstellung des Mordes befindet.
Auch Abraham a Sancta Clara sandte von der Kanzel in Wien Hassworte gegen Juden und beschuldigte sie, dass sie Schadenszauber anwendeten und gemeinsam mit den Hexen für die Pest von 1679 verantwortlich seien.
Aus dem Jahr 1642 ist in Wien die öffentliche Ermordung eines Juden, dem Hostien- und Kruzifixbeleidigung zur Last gelegt wurde durch grausames Verstümmeln und anschließendem Feuertod belegt.
Zu den verwerflichsten bildlichen Darstellungen, mit denen man Juden diffamierte, gehörten die Abbildungen der sogenannten "Judensau", die seit dem 13. Jahrhundert bekannt sind. Die Darstellung zeigt Juden, die an den Zitzen einer großen Sau, die als ein unreines Tier galt, saugten oder Schweinekot fraßen. Obszönere Darstellungen brachten sogar Sodomie ins Spiel.
Zurückzuführen dürfte das ganze auf den mittelalterlichen Judeneid sein, den Juden auf einer frisch aufgezogenen Schweinehaut zu leisten hatten, Im Rechtsstreit mit Christen wurde den Juden eine Eidesform aufgezwungen, die die Glaubwürdigkeit des Juden sicherstellte.
1775 schließlich erließ Papst Pius VI. ein Edikt, in welchem er "Hexerei, Zauberei, Heilung durch Psalmverse" mit schweren Strafen belegte, egal, ob diese Vergehen von Juden oder Christen begangen wurden. Die Strafen waren 100 Scudi Geldbuße, Rutenstreiche und lebenslange Galeerenarbeit.

aus: Hexen, Zauberer und Teufelskult in Österreich, Graz 1999, 1.7-17.22-25

mit freundlicher Genehmigung des Autors
Johann SCHLEICH, Journalist (Kleine Zeitung) und Autor von ca. 40 Büchern zu steirischen und österreichischen Themen
Tel.: (03151) 2513
E-Mail-Adresse: schleich.presse@utanet.at

Hexen- und Zauberprozesse im Überblick

 

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